Risiken offener Immobilienfonds
25.11.2024
Marc Schiefer, Rechtsanwalt | Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH / Foto: © TILP
Infolge der Finanzkrise und dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008 wurden Immobilien erheblich abgewertet, Anleger offener Immobilienfonds zogen hastig die Reißleine und verkauften ihre Anteile. Viele offene Immobilienfonds brachte dies in erhebliche Bedrängnis, da die auszuzahlenden Gelder wegen der in den Immobilien investierten Vermögenswerte nicht so schnell herausgelöst werden konnten. Einige Immobilienfonds mussten damals nach erheblichen Mittelabflüssen die Rücknahme ihrer Anteile aussetzen. Nach der Abwertung des Immobilienbestandes zogen Anleger Gelder aus den Fonds ab, was bei einer Vielzahl von Fonds schwere Liquiditätsprobleme verursachte. Einige Fonds mussten sogar abgewickelt werden. Anleger verbuchten teils hohe Verluste.
Der Gesetzgeber führte daher im Jahr 2013 mit dem Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) neue Regelungen für die Veräußerung offener Immobilienfonds ein. Seitdem gilt, dass Anleger die Anteile eines offenen Immobilienfonds, die nach dem 21. Juli 2013 erworben wurden, mindestens 24 Monate lang halten müssen, bevor sie diese wieder an die Fondsgesellschaft verkaufen können (Sperrfrist). Außerdem müssen Anleger den Verkauf mit einer Frist von zwölf Monaten vorab ankündigen (Kündigungsfrist). Dies mag zwar übereilten Anteilsverkäufen einen Riegel vorschieben, für Anleger entsteht hierdurch aber ein zusätzliches Risiko: Der tatsächlich erzielbare Verkaufspreis der Fondsanteile ergibt sich erst nach der offiziellen Fondsbewertung am Verkaufstag, also ein Jahr nach Kündigung. Werden offene Immobilienfonds heute gekündigt, ist nicht klar, welcher Wert den Anteilen bei Auszahlung noch beigemessen wird. Ein Verlust der Anleger ist daher möglich und eine Rückgabe über die Fondsgesellschaft muss genau überlegt werden. Als Alternative besteht lediglich die Möglichkeit des Verkaufs von Anteilen über die Börse. Die seit 2013 bestehenden Einschränkungen des Verkaufs von Fondsanteilen sorgen seither für eine Verzögerung der Verkäufe, lösen aber letztendlich nicht die Liquiditätsprobleme der Fonds. Auch haben viele Preisfeststellungen von Fondsgesellschaften nach den aktuellen Abwertungen nicht mehr viel mit dem zu tun, was die Portfolios tatsächlich wert sind.
Aufgrund der Energiekrise, teils bedingt durch den Krieg in der Ukraine und den erhöhten Zinsen, hat sich die Krise am Immobilienmarkt deutlich verschärft. Jüngstes Beispiel der Probleme offener Immobilienfonds zeigt nun beispielhaft der über Jahre hinweg mit dem Risikoindikator „geringem Risiko“ und stattlicher Rendite beworbene offene Immobilienfonds UniImmo: Wohnen ZBI. Dieser musste im Rahmen einer außerplanmäßigen Sonderbewertung im Juni 2024 um insgesamt 16,71 % respektive um ca. 800 Mio. Euro abgewertet werden. Die Anleger des UniImmo: Wohnen ZBI sind vermutlich lediglich die ersten Opfer einer bevorstehenden Abwertung der übrigen offenen Immobilienfonds. Der Fonds selbst steht nur stellvertretend für die Probleme der offenen Immobilienfonds: In der Phase des Immobilienbooms wurden diese mit Anlegergeld überschwemmt, welches investiert werden musste. Dabei wurden zur Aufstockung des Portfolios durch die Fondsgesellschaften oft Immobilienpreise gezahlt, die heute bei einem Verkauf nicht mehr erzielbar sind. Hinzu kommt, dass die offenen Immobilienfonds ihre Kaufnebenkosten beim Kauf sofort zu entrichten haben, andererseits diese Kosten aber nicht unmittelbar, sondern über viele Jahre hinweg sukzessive abschreiben. Diese Abschreibungen belasten den Fonds fortlaufend zusätzlich, obwohl sie richtigerweise zum Teil vergangenen Immobilienerwerben und Perioden zuzurechnen wären. Bereits mit der Corona-Pandemie, spätestens jedoch mit Beginn des Ukraine-Krieges, veränderten sich die Marktfaktoren auch für Wohnimmobilien drastisch. Diese führten zu einer sich stark verschlechternden Situation auf dem Immobilienmarkt.
Die wesentlichen Faktoren sind:
- hohe Energiekosten
- rasanter Zinsanstieg
- stark gestiegene Baukosten im Zuge der hohen Inflation
- zunehmende regulatorische Vorschriften