„… und wieder schaut der Anleger in die Röhre?“

14.08.2020

Marvin Kewe, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH/ Foto: © TILP

Praxistipp

Die Forderungsanmeldung des Kursdifferenzschadens kann unserer Meinung nach nur dann erfolgreich sein, wenn die rechtliche Begründung dieses Schadensbildes hinreichend schlüssig dargelegt wird. Anwaltliche Hilfe erscheint hier dringend geboten.

Schadensersatzansprüche

Aufgrund der ungeheuren Sachverhaltsveröffentlichungen erscheint die Geltendmachung von Schadensersatzforderungen hinreichend erfolgsversprechend. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein solches Vorgehen nicht gegen die Wirecard AG geführt werden sollte, da über deren Vermögen sehr wahrscheinlich das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Vielmehr geraten andere Gegner, etwa Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, in den Mittelpunkt. TILP Rechtsanwälte haben hier bereits Klage gegen die Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die (ehemaligen) Vorstände der Wirecard AG erhoben und die Einleitung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens beantragt. Ein solches Verfahren hilft dem einzelnen geschädigten Anleger, die Rechtsverfolgung effektiv, aber mit geringeren Kosten und Kostenrisiken, durchzuführen. Viele Fragen erreichen uns zur Rolle der BaFin und ihrer möglichen Haftung oder die der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR). Beide Stellen stehen seit längerer Zeit im Fokus der öffentlichen Kritik. TILP teilt diese Kritik und hat bereits die Forderung nach entsprechenden Konsequenzen in der Gesetzgebung und nach Entschädigung der geschädigten Aktionäre erhoben. Die bisherige Rechtsprechung hat eine Haftung der BaFin (oder von ihr beauftragten Dritten) gegenüber geschädigten Anlegern regelmäßig verneint. Dies liegt vor allem daran, dass das Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) vorsieht, dass die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Diese Vorschrift wurde bisher dahingehend ausgelegt, dass eine Haftung der BaFin für Anlegerschäden ausscheide. Nach Auffassung von TILP muss diese Auslegung im Fall Wirecard jedoch auf den Prüfstand gestellt werden. Vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung arbeiten wir bereits mit einem sehr renommierten Rechtswissenschaftler für Kapitalmarkt- und Europarecht zusammen. Gemeinsam prüfen wir derzeit die Rolle der BaFin sowie der DPR und eine möglicherweise hieraus folgende Haftung für die Investorenschäden.

Praxistipp

Geschädigte Wirecard Anleger haben aktuell keinen Zeitdruck und sollten sich hinreichend über ihre rechtlichen Möglichkeiten informieren.

Marvin Kewe, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH