Umfang des Tätigkeitsbildes bei Berufsunfähigkeit (BGH)

09.10.2024

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Umfang des Tätigkeitsbildes

Nach ständiger Rechtsprechung liege die Beweislast des Eintritts der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit beim Versicherungsnehmer (Anforderungen an die Beschreibung der beruflichen Tätigkeiten in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)). Als Sachvortrag bezüglich des Berufsbildes genüge nicht nur eine bloße Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit. Der Versicherte müsse eine konkrete Arbeitsbeschreibung abgeben, mit der die für ihn anfallenden Leistungen ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer Häufigkeit für einen Außenstehenden nachvollziehbar sind (siehe auch Tätigkeitsbild als Grundlage des Sachverständigengutachtens bei Berufsunfähigkeit (BGH)).

Das Gericht müsse dann entscheiden, ob zunächst eine Beweisaufnahme zu dem vorgetragenen Beruf in seiner Ausgestaltung geboten ist. Das Ergebnis sei dann einem medizinischen Sachverständigen vorzulegen. Der Sachverständige müsse wissen, welchen außermedizinischen Sachverhalt er seinem Gutachten zugrunde zu legen habe. Die Anforderungen an die Beweispflicht und damit den Umfang der Beschreibung des Tätigkeitsbildes dürften dabei nicht überspannt werden. Es dürfe nicht vergessen werden, dass die Beschreibung des Berufsbildes dazu diene, dem medizinischen Sachverständigen die notwendigen tatsächlichen Vorgaben für sein Gutachten an die Hand zu geben. Stehe fest, dass der Versicherte überhaupt einer Tätigkeit nachgegangen sei, dürfe ihm der Zugang zu den versicherten Leistungen nicht durch übersteigerte Anforderungen an die Pflicht der Darlegung der Berufstätigkeit unzumutbar erschwert werden (siehe auch: Hinweispflicht zur Darlegung des Berufsbildes (OLG Dresden)).

Berücksichtigung der Vernehmung der Versicherten

Dabei dürfe sich das OLG Brandenburg nicht nur auf den Klagevortrag stützen, sondern müsse auch die Vernehmung der Versicherten berücksichtigen, bei der sie umfassende Angaben zu der ausgeführten Tätigkeit gemacht habe. Das OLG Brandenburg habe infolgedessen das für den Versicherungsnehmer günstige Beweisergebnis nicht beachtet. Darin liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Versicherungsnehmers.

Fazit zur Entscheidung des BGH

Das Urteil des BGH zeigt, dass an den Umfang des Tätigkeitsbildes nur beschränkte Anforderungen zu stellen sind. Eine zu überspitzt detaillierte Beschreibung kann vom Versicherungsnehmer nicht erwartet werden, da die Beschreibung der Tätigkeit vorwiegend als Grundlage des medizinischen Sachverständigengutachtens dienen soll.

Es gilt aber zu beachten, dass grundsätzlich schon bei der außergerichtlichen Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ein detailliertes Tätigkeitsbild aufgestellt werden sollte. Dies erspart zunächst langwierige rechtliche Streitfragen, kann aber auch für die Nachprüfung von Bedeutung sein. Denn je genauer die ausgeübte Tätigkeit beschrieben wird, desto weniger Verweisungsmöglichkeiten bleiben dem Versicherer übrig.

Bei der Tätigkeitsbeschreibung im Leistungsantragsverfahren kann es sich empfehlen, die Expertise eines Fachanwalts für Versicherungsrecht hinzuzuziehen, damit erst gar keine Fehler entstehen und Ansprüche bestenfalls nicht vereitelt werden.

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.