Tunnelblick
05.01.2022
Foto: © Jackie Zhao - unsplash.com
„Die Bereitschaft zur Innovation ist weit verbreitet, und Innovationen werden entscheidende Funktionalitäten beeinflussen. Die Versicherer werden mehr Partnerschaften eingehen. Um ihre IT zu modernisieren, werden sie stark auf Cloud-Lösungen setzen“, kommentiert Michał Trochimczuk, Managing Partner und Mitbegründer von Sollers Consulting. Versicherer zeigten eine hohe Investitionsbereitschaft; dies gelte insbesondere für Deutschland. Keiner der Befragten erklärt, dass sein Unternehmen nicht bereit ist, in Innovationen zu investieren, und nur 2,6 % der Befragten geben an, dass sie nur geringfügig in Innovationen investieren werden. „Die Unterschiede in der Einstellung zur Innovation in den Märkten könnten mit dem unterschiedlichen Grad der Digitalisierung und dem Bewusstsein für die disruptive Kraft in den jeweiligen Ländern zusammenhängen“, sagt Marcin Pluta, Managing Partner und Mitbegründer von Sollers Consulting. Sollers Consulting hat in den Jahren 2020 und 2021 sein zwanzigjähriges Bestehen gefeiert. In dieser Zeit hat das Beratungsunternehmen Manager und Fachleute aus der Versicherungsbranche in Europa, den USA, Japan und anderen Märkten befragt. Rund 80 Manager nahmen daran teil. Ein Teil der Umfrage widmete sich der Automatisierung, die bei der Entwicklung des Versicherungsunternehmens der Zukunft eine entscheidende Rolle spielt. Die Versicherer sehen das größte Potenzial der Automatisierung in den Bereichen Berichtswesen, Policenverwaltung, Back-Office-Prozesse und Schadenbearbeitung. Zwischen 68 % und 81 % der Befragten glauben, dass diese administrativen Prozesse in hohem Maße automatisiert werden. Der Vertrieb wird in der Branche immer noch als persönliche Interaktion gesehen. Allerdings sind 33 % der Versicherungsmanager und -spezialisten davon überzeugt, dass der Vertrieb in Zukunft zu 70 % oder mehr automatisiert sein wird. „Banken und Versicherer unternehmen große Anstrengungen, den Versicherungsvertrieb zu digitalisieren. Um dabei erfolgreich zu sein, müssen sie jedoch flexible Versicherungsplattformen implementieren, die es ihnen ermöglichen, schnell auf sich verändernde Märkte zu reagieren“, kommentiert Trochimczuk. „Aggregatoren haben die Versicherungsbranche auch aus technischer Sicht verändert. Die Versicherer waren gezwungen, Lösungen zu entwickeln, um Preisvergleichs-Websites sehr schnell zu bedienen. Schnelligkeit und Preis haben im Versicherungsgeschäft an Bedeutung gewonnen. Für die Versicherer ist das immer noch eine Herausforderung“, sagt Pluta.
Die Versicherer schenken laut Befragung ihren Kernsystemen, die in vielen Fällen hinter der technologischen Entwicklung zurückbleiben, zunehmend Aufmerksamkeit. Versicherungsmanager und -experten sind überzeugt, dass die Kernsysteme in die Cloud verlagert werden. Kernsysteme „on cloud“ erzielen bei den Befragten der Sollers-Umfrage die höchsten Werte, „on premise“ die niedrigsten. „Die Fachleute in der Versicherungsbranche wissen, dass Cloud eine größere geschäftliche Flexibilität und operative Effektivität gewährleistet.
Versicherung noch immer ländertypisch
Beides wird in der Ära der integrierten und intelligenten Ökosysteme immer wichtiger“, so Pluta. Die Umfragen zeigen, dass national entwickelte Versicherungs-Kernsysteme wichtiger zu sein scheinen als Kernsysteme, die international entwickelt werden. „Angesichts der Globalisierung mag die nationale Einstellung in diesem Bereich überraschen. Aber Versicherung ist immer noch ein sehr länderspezifisches Geschäft. Die Regulierung ist einer von vielen Gründen dafür“, kommentiert Trochimczuk. Die Geschwindigkeit der Digitalisierung hat ihre Grenzen noch nicht erreicht, und dafür gibt es klare Anzeichen, fasst der Sollers-Bericht zusammen. Während die Versicherungsbranche viel über datengetriebene Geschäftsmodelle spreche, werde der Wert von Daten nur in sehr vereinzelten Bereichen genutzt. 5G werde die Menge der verfügbaren Daten erhöhen. Für die Versicherer sei es eine Herausforderung, diese zu nutzen. Branchen wie Gastronomie, Tourismus und Medien sind durch das Internet stark verändert worden. „Die Produkte haben sich nicht wesentlich verändert, aber die Art und Weise, wie sie angeboten und verkauft werden, ist völlig anders. Ich bin überzeugt, dass dasselbe auch in der Versicherungsbranche geschehen wird. Es wird sogar noch weiter gehen“, sagt Trochimczuk. (hdm)