Trendumkehr in der Industrieversicherung

27.02.2020

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Fundierte Einschätzung des deutschen Industrieversicherungsmarktes liefert der heute veröffentlichte Marsh Versicherungsmarktreport 2020, der nach Sparten, Branchen und Spezialrisiken untergliedert ist. Gegenüber dem Vorjahr wurde das Branchenkapitel erweitert und das bedeutende Thema Digitalisierung hat einen eigenen Platz erhalten. Der jährliche Report entsteht in enger Zusammenarbeit der Experten aus den jeweiligen Sparten, Geschäftsbereichen und den Branchenteams von Marsh.

Markt wird zusehends schwieriger

Aus dem aktuellen Report geht hervor, dass weltweit auf breiter Front eine Verhärtung des Marktes mit kontinuierlichen Steigerungen im Bereich von 5 bis 10 % zu beobachten ist. Da er sich dieser Entwicklung nicht entziehen konnte, setzte der deutsche Markt seinen Trend aus den Vorjahren fort. Nachdem zu Jahresbeginn die Forderungen der Versicherer moderat und meistens nachvollziehbar waren, wurde der Markt zum Jahresende zusehends schwieriger. So waren zuletzt Forderungen nach Verdoppelung und Verdreifachung der Prämien gegenüber dem Ist-Stand keine Seltenheit. Einschränkungen des Versicherungsschutzes oder die Erhöhung der Selbstbehalte haben diese Forderungen nur sehr begrenze gemindert. Besonders von dieser Entwicklung betroffen waren nicht optimal geschützte Betriebe sowie Unternehmen der Chemie-, Stahl-, Gießerei- Recycling-, Fleisch- und Lebensmittelbranche.

Trendumkehr bei Prämien

Sinkende Prämien prägten über einen Zeitraum von fast zehn Jahren die Haftpflichtsparte für industrielle Risiken. Zusätzlich verstärkt wurde der Trend dadurch, dass Prämiensätze regelmäßig reduziert und Umsatzerhöhungen nur in begrenztem Maße bei der Festlegung der Prämien berücksichtigt wurden. Jedoch steigen derzeit nicht nur die Schadenszahlungen, sondern auch die Bestrebungen der Versicherer, die Prämien zu erhöhen. Zum Renewal zum Jahresbeginn zeigt sich der Haftpflichtmarkt uneinheitlich. Im Fokus der Prämienerhöhungen standen exponierte Risiken, insbesondere Rückrufkostenrisiken der Kfz-Zulieferererindustrie aber Risiken der Bauwirtschaft, Pharma-/ Chemie-Risiken und Krankenhäuser. Zum Teil deutliche Prämienerhöhungen erfuhren schadensbelastete Risiken, insbesondere Schäden bei Kfz-Rückrufkostenrisiken. Es waren grundsätzlich aber auch Prämienreduzierungen für schadensunbelastete Verträge möglich. In der Sparte Haftpflicht sehen Versicherer weiterhin profitable Wachstumsmöglichkeiten und wollen dort weiterhin Risiken zeichnen. Zudem sollen gut verlaufende Verträge um jeden Preis im Bestand erhalten bleiben.

Veränderungen bei Cyberversicherung

Die Schattenseite der Digitalisierung ist die zunehmende Cyber-Gefahr. Entsprechend steigen auch die Prämien für Cyber-Versicherungen, insbesondere für Großrisiken. Jedoch sind auch bei mittelständischen Unternehmen bereits Prämienerhöhungen zu verzeichnen. Keine Seltenheit ist zudem die Erhöhung der Deckungssummenzuschläge bei der Kalkulation von Exzedenten, besonders bei hohen Gesamtdeckungssummen. Die Versicherer sind außerdem nicht mehr automatisch bereit, Kapazitäten von 25 Mio. Euro bereitzustellen. Generell lässt sich laut Marsh Versicherungsmarkreport 2020 beobachten, dass zahlreiche Versicherer ihre offerierte Gesamtkapazität im Gegensatz zu früher reduzieren und bei ihrer Zeichnungspolitik vorsichtiger werden. So verlangen die Versicherer trotz Ersteindeckung bereits bei der ersten Erneuerung der Verträge eine Prämienerhöhung. Im Zusammenhang mit Cyberversicherungen ist zudem das Phänomen Silent Cyber, also die unbekannte Cyber-Exponierung aus den verschiedenen Sparten in den Versicherungsportfolios weiterhin ein großes Thema. Jedoch sind die Interessen der Versicherer bei diesem Thema geradezu konträr im Hinblick auf das Absicherungsbedürfnis der versicherungsnehmenden Wirtschaft. Während hier das Interesse besteht, möglichst umfangreichen Versicherungsschutz für sämtliche durch Cyber-Vorfälle potenziell verursachten Personen-, Sach-, Vermögensschäden usw. vorhalten zu können, liegt der Fokus der Versicherungsindustrie eher darauf, derzeit vorhandene (versteckte) Absicherungen sichtbar zu machen oder sogar den vorhandenen Versicherungsschutz in anderen Sparten einzuschränken. Hier ist es Aufgabe der Versicherungswirtschaft, eine für die Kunden über alle Sparten hinweg befriedigende Absicherungslösung zu entwickeln. (ahu)

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