Tanz auf der Rasierklinge
06.01.2020
Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.
Ich habe schon wiederholt auf die Gefahren der Notenbankpolitik hingewiesen. Oft erhalte ich die Antwort, dass die Zahlen bekannt sind, aber „nichts passiert“. Es ist halt wie bei einem prall aufgeblasenen Luftballon. Während jedem beim Luftballon klar ist, dass er mit jedem weiteren Pusten platzen kann, glauben die Anleger, dass die Verschuldungsblase unendlich dehnbar ist. Die realen Zahlen sind allerdings beängstigend.
Die weltweiten Staatsschulden haben sich seit der letzten Krise auf 70 Billionen in etwa verdoppelt. Die Gesamtschulden auf über 250 Billionen. Bei einem Welt-BIP von fast 85 Billionen, nach ca. 60 Bill. Vor zehn Jahren. Die Schulden übersteigen aktuell das BIP in etwa um das 3-fache. Wer nachrechnet kommt zu dem Ergebnis, dass die zweieinhalb Mal schneller gestiegen sind, als das BIP. Nachhaltigkeit rechnet sich anders.
Was besonders bedenklich ist, dass die letzten zehn Jahre die am längsten anhaltende Wachstumsphase der Nachkriegsgeschichte war. Im Ergebnis allerdings auch mit den schwächsten Wachstumsraten nach einer Rezession der Geschichte. Dabei war nicht nur die Schuldeninflation der Treiber, sondern auch die auf bzw. unter null manipulierten Zinsen. Das Anleihen-Volumen der EZB wuchs von 115,6 Mrd. in 2015 auf jetzt 2.673 Mrd. um das 23-fache. Der Europäische Gerichtshof sieht aber darin keine verbotene Staatsfinanzierung durch die EZB. Vertrauensbildung geht so nicht.
Volkswirte wie der ehemalige IWF-Ökonom Kenneth Rogoff haben errechnet, dass ein Staat mit einer Verschuldungsquote von 60 Prozent zum BIP problemlos leben kann. Diese Erkenntnis wurde damals auch in die Kriterien des Euros übernommen. Bei über 90 Prozent wird von der „Todeszone“ gesprochen. Der Teufelskreis heißt: Je höher die Schulden, umso geringer das Wachstum. Umso geringer das Wachstum, umso höher steigen die Schulden. In der Eurozone liegen mit Griechenland, Italien, Portugal, Zypern, Spanien, Frankreich und Belgien bereits sieben Staaten über 100 Prozent. Nach dem Brexit, sind das drei der vier größten Volkswirtschaften im Euro.
Warum Deutschland eine düstere Zukunft bevorstehen könnte, lesen Sie auf Seite 2