Stellungnahme des AfW - Bundesverband Finanzdienstleistung e. V.
17.01.2023
Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand Bundesverband Finanzdienstleistungen AfW e.V. / Foto: © AfW
Qualitative Faktoren
Ebenfalls wird die schon vorhandene Stornohaftung von 5 Jahren nicht berücksichtigt. Zwar wird auch in dem Merkblattentwurf konstatiert, „dass es bei langen Laufzeiten dazu kommen kann, dass sich Lebensumstände oder Interessen der Versicherungsnehmer während der Laufzeit in einer bei Vertragsschluss noch nicht vorhergesehenen Weise ändern“ können. Hier handelt es sich in der Regel um Umstände, welche ein Vermittler nicht zu vertreten hat. Scheidung, Arbeitsplatzverlust, dringender Geldbedarf für notwendige Anschaffungen – hierauf hat ein Vermittler keinen Einfluss.
Er hat seine Arbeit – Beratung und Vermittlung von Versicherungsprodukten, die den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden entsprechen und am besten auch noch nachhaltig sind – getan. Die Stornohaftung müsste eher abgeschafft werden, als hier noch zulasten der Vermittlerschaft unberücksichtigt zu bleiben.
Es sei zudem darauf hingewiesen, dass ein drohender Verlust bei einem frühzeitigen Storno eines kapitalbildenden Versicherungsvertrages die Kunden auch dazu bewegen könnte, ernsthafter an ihrem Altersvorsorgevertrag festzuhalten als sich - möglicherweise unüberlegt und vorschnell – vom Vertrag zu lösen.
Zudem ist ein angemessener Stornoabzug zum Schutze des verbliebenen Versichertenbestands sinnvoll und erforderlich (Risikoselektion und langfristige Duration im klass. Sicherungsvermögen).
Auch qualitative Faktoren, wie der Wert und Umfang der Beratung, digitale Services oder Nachhaltigkeit der Anlagen finden im Merkblattentwurf nur eine sehr geringe Beachtung
Wie auch bei den vorangegangenen Diskussionen zum Provisionsdeckel, muss erneut darauf hingewiesen werden, dass ein Merkblatt mit dem Ziel der Eindämmung zu hoher Effektivkosten und damit angeblich zu hoher Vertriebsvergütungen grundsätzlich nicht erforderlich ist. Bereits heute gibt es hinreichend Befugnisse der BaFin, um eventuellen Missständen Herr zu werden: Eingriff nach § 48a VAG und Art. 8 DVO zu IDD (allgemeine Missstandsaufsicht)
Die in dem Entwurf des Merkblatts vorgeschlagene Logik von vertriebswegeabhängigen Produktkonditionen/Überschussdeklarationen wird tendenziell Kunden in Vertriebswege locken, in denen keine Beratung finanziert werden muss (Direktvertrieb) und die Produkte dort somit günstiger angeboten werden können – im Zweifel treibt der günstigere Preis aber gerade auch Kunden in einen beratungsfreien Vertriebsweg, die gerade auf qualifizierte Beratung angewiesen sind. Der gesetzgeberische Wille, keine Vermittlung ohne Beratung, wird hier konterkariert.
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