Stabilität durch Diversifikation
16.08.2024
Michael Keune, Managing Director bei Catella Residential Investment Management GmbH und Matthias Brodeßer, Head of Transaction Management Office International bei HIH Invest Real Estate GmbH
finanzwelt: Herr Brodeßer, wie sieht es mit der geografischen Diversifikation durch grenzüberschreitende Investitionen aus?
Brodeßer» Entweder Risikominimierung durch Diversifikation oder höhere Renditen sind die beiden Hauptgründe dafür, grenzüberschreitend zu investieren. Wir beobachten im Bereich der Büroimmobilien, dass gerade die deutschen Versorgungswerke und Versicherungen hauptsächlich in Deutschland investiert sind. Gleichzeitig ist unser Land jedoch, gemessen an der Entwicklung des BIP, nicht nur in Europa, sondern auch im Vergleich der G20, Schlusslicht – mit erst einmal geringen Aussichten auf eine signifikante Besserung. Der deutsche Markt gilt noch als recht hochpreisig. Andere europäische Märkte haben zwischenzeitlich stärkere Preiskorrekturen durchgemacht. In London, Amsterdam und Paris sind zum Beispiel teils deutlich höhere Renditen zu erzielen, bei inzwischen geringeren Risiken. Deswegen gehen wir davon aus, dass sich Investoren zumindest im Bereich der Büroimmobilien wieder stärker dem europäischen Ausland zuwenden werden.
finanzwelt: Und im Bereich der Wohnimmobilien, Herr Keune? Gibt es hier ebenfalls Anlässe für Investoren, den Schritt ins europäische Ausland zu wagen?
Keune» Es kommt darauf an, wie intensiv sie sich als Investor mit den jeweiligen Märkten und ihren Rahmenbedingungen auseinandersetzen. In Frankreich sind die Wohnungsmärkte beispielsweise zwar weniger liquide, dafür gibt es eine Einspeisungsvergütung für Strom aus Photovoltaik, die zwei- bis dreimal höher ist als in Deutschland. Zudem wird der Strombedarf zu einem großen Teil mit Atomenergie und damit einer nach EU-Definition grünen Energiequelle gedeckt. Das erleichtert die Qualifizierung von Immobilien als nachhaltige Investments gemäß EU-Offenlegungsverordnung und macht Investitionen attraktiv. Ein zweites Beispiel wäre Finnland, mit einem der liberalsten und agilsten Wohnungsmärkte in Europa. Neubautätigkeit, Mieten, Kaufpreise und Renditen reagieren schneller auf makroökonomische Veränderungen. Die Marktdaten haben sich deshalb zuletzt schneller und deutlicher verbessert als in Deutschland. Das sorgt aus Investorenperspektive für Stabilität und Sicherheit. (ah)