Schlägt die Wahrscheinlichkeit zu?

03.08.2017

Guido vom Schemm, Geschäftsführer GVS Financial Solutions GmbH / Foto: © GVS

 In den letzten Wochen markierten zahlreiche Aktienindizes neue Allzeithochs. Die Stimmung unter den Anleger scheint besser denn je. Die Medien rufen immer wieder neue, höhere Kursziele aus. Wirft man ein Blick auf die Wahrscheinlichkeiten und legt einige Statistiken zugrunde, verdunkelt sich das Bild aber deutlich. Welche Hinweise sollten Anlegern zu denken geben? Worauf gilt es in der Gemengelage wirklich zu achten?

Eine „Mini-Korrektur“ an den Börsen ist im Gange. Der Dax hat seit seinem Hoch im Juni knapp sieben Prozent verloren. Dies ist sicherlich noch kein Grund zur Beunruhigung, dennoch lohnt ein Blick in die Historie, um das Geschehen einzusortieren.

Der aktuelle Börsenaufschwung ist mittlerweile seit 2009 im Gange. Historisch betrachtet, ist dieser einer der längsten andauernden Haussen. Die Börse ist allerdings keine Einbahnstraße. Ebenfalls ist es interessant zu beobachten, dass sich plötzlich Leute für Aktien interessieren, welche sich im letzten Jahrzehnt kaum oder gar nicht für die Börse interessierten und somit die bisherige Aktienrally komplett verpasst haben. Schon der verstorbene Börsenmeister André Kostolany stellte plakativ fest, dass am Ende einer Hausse Aktien von starken in schwache Hände wandern. Das heißt, erfahrene langfristige Investoren verkaufen an kurzfristig engagierte Anleger, die sich vom Boom locken lassen. Letztere kaufen angesichts von schnellen Gewinnmöglichkeiten auch gern mal auf Kredit. Kostolany sah die Häufung kreditfinanzierter Käufe als Signal für eine Trendwende - nach unten. Zahlreiche Investoren nutzen die Rekordfahrt beim S&P500, um verstärkt auf Kredit zu spielen. Im Februar war daher das Volumen der Wertpapierkredite an der New York Stock Exchange (NYSE) auf den Rekord von 528,2 Mrd. Dollar gestiegen. Das lag über dem bisherigen Rekord von 513,3 Mrd. Dollar für Januar, der der erste Spitzenwert seit fast zwei Jahren war.

Doch nicht die Privatanleger waren hauptverantwortlich für den Kaufdruck. Es waren die US-Unternehmen selber, die ihre eigenen Aktien dank billigem Geld zurückgekauft haben. Durch die Aktienrückkaufprogramme der amerikanischen Unternehmen sind die Aktien optisch billiger geblieben als sie tatsächlich sind. Wenn der Gewinn nämlich auf weniger Aktien verteilt wird, dann steigt die wichtige Kennzahl „Gewinn pro Aktie“ bzw. sinkt der Multiplikator „das Kurs-Gewinn-Verhältnis“.  Ausländische Anleger haben nur geringfügig Käufe seit 2009 durchgeführt, wahrscheinlich getrieben von der Hoffnung auf mögliche Währungsgewinne.

Amerikanische Privatanleger haben in Summe sogar Aktien verkauft, noch dramatischer war dies bei den institutionellen Anlegern, den eigentlichen Profis. Diese konnten vom Aufwärtstrend in deutlich geringerem Umfang profitieren, da sie seit 2009 kontinuierlich auf der Verkäuferseite waren.

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