Rückkehr in die reale Normalität

07.10.2020

Hartmut Löw, geschäftsführender Partner von MCC / Foto: © MCC

finanzwelt: Nicht nur die Versicherungsbranche ist fest im Griff der Vorschriften zum Schutz vor Corona. Wie blicken Sie als Unternehmer auf die Vorsichtsmaßnahmen? Löw» Oh ja. Für viele unserer Kunden ist MCC ein wichtiger ‚Enabler‘ und ‚Katalysator‘ von hochkarätigen Businesskontakten und von zukünftigen Geschäften. Der persönliche Kontakt im Wirtschaftsleben wird auch in naher Zukunft nicht durch elektronische Hilfsmittel ersetzbar sein. Deshalb halten wir auch weiter an unserer Geschäftsidee ‚kommunikative Präsenzkongresse‘ fest und werden diese nicht durch virtuelle Kanäle ersetzen. Dennoch wird MCC auch weiterhin der derzeitigen Situation Rechnung tragen. Bis ein entsprechender Impfstoff gegen Corona entwickelt worden und zur Anwendung bereit ist, werden wir unsere Präsenzveranstaltungen mit dem jeweils aktuell mit den Behörden abgestimmten MCC-Sicherheitskonzept durchführen und gleichzeitig unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch die Möglichkeit anbieten, online dabei zu sein. Aber: das Risiko, dass COVID-19 grundsätzlich existiert und die damit verbundenen Imponderabilitäten können keinesfalls MCC oder anderen Veranstaltern zur Last werden. Insofern treffen uns natürlich Reiseverbote oder Verbote, grundsätzlich an Kongressen und Konferenzen teilzunehmen, die viele Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber aussprechen, sehr. Ein Grundrisiko, sich mit COVID-19 anzustecken, haben Sie überall: beim Arzt, beim Einkaufen, beim Bäcker, beim Essen gehen – nur, um einige Beispiele zu nennen. Warum sollte es also gefährlicher sein, an einer Veranstaltung teilzunehmen, die höchsten Sicherheitsanforderungen gerecht wird. Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Insbesondere dann, wenn immer neue Hotspots an den Stellen entstehen, bei denen die Personen keine Abstandsregeln einhalten: siehe beispielsweise München Oktoberfestwirte, Düsseldorfer und Kölner Altstadt, Hamburg oder Berlin-Kreuzberg und -Mitte. Sofern wir in Deutschland ‚Ballermann‘ spielen, steigt natürlich auch wieder das Risiko, sich zu infizieren. Aber das ist nur die eine Seite. Die andere ist folgende: Gerne können wir auch über die aktuelle Gefahrenlage diskutieren. Aber wenn wir hier richtig einsteigen, würde das zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Tatsache ist jedenfalls, dass die coronabedingte Sterberate (ob ‚mit‘ oder ‚durch‘) glücklicherweise derzeit gegen Null geht. Schwere Verläufe der Krankheit sind zwar nach wie vor vereinzelt vorhanden, haben jedoch tatsächlich keine statistische Relevanz mehr. Intensivbetten werden derzeit für Corona-Patienten fast nicht gebraucht. Die Zahlen der Neuinfektionen bewegen sich weiterhin auf sehr niedrigem Niveau (sicher, sie waren schon einmal niedriger). Diese, im Vergleich zu anderen Ländern, hervorragende Situation haben wir dem beherzten und prospektiven Vorgehen unserer verantwortlichen Politiker zu verdanken. Doch allein die Tatsache, sich mit COVID-19 zu infizieren, bedeutet noch gar nichts. Wenn wir die Bedeutung einer Ansteckung mit COVID-19 derzeit auf der Metaebene diskutieren, müssten wir auch beispielsweise jede sportliche Aktivität oder sogar den Straßenverkehr einstellen. Dies ist, in der Tat, meine Meinung. Es gibt auch andere. Selbstverständlich werden wir immer Vorsicht walten lassen, uns mit Abstand begegnen und Hygieneregeln einhalten. Es scheint somit mehr das Virus im Kopf der Menschen (also die teilweise unbegründete Angst) zu sein, welches zu vielen – für mich nicht nachvollziehbaren – subjektiven Entscheidungen führt.

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