Platzt die Billionen-Euro Bombe?

05.09.2018

Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln / Foto: © Portfolio Concept

Politik der EZB Ursache der Ungleichgewichte

Dabei sind die Gründe diesmal andere als noch während der Finanzkrise. Diesmal, so sind sich viele Experten einig, ist der Auslöser des Ungleichgewichtes die EZB selber. Denn seit Januar 2015 kaufen die Notenbanken des Eurosystems im Auftrag der EZB massenhaft Staatsanleihen und andere Wertpapiere am Markt auf. Durch diese Käufe sollen die Zinsen an den Finanzmärkten niedrig bleiben. Verkäufer dieser Staatsanleihen sind überwiegend internationale Banken, die ihre Konten in Niederlassungen zum großen Teil in Frankfurt führen. Diese Niederlassungen unterhalten ihr TARGET2-Konto bei der Deutschen Bundesbank und ihr Anleiheverkauf treibt somit die Forderungen der Bundesbank gegenüber der EZB nach oben.

Ähnliche Erfahrungen sind auch aus den USA bekannt. Auch dort existiert ein nationales, von den regionalen Distriktbanken der Federal Reserve (Fed) getragenes Zahlungssystem. Die wichtigste Distriktbank ist die Federal Reserve Bank of New York. Ihr Saldo zeigt zwischen 2008 und 2014, als die Fed drei Anleihekaufprogramme durchführte, in der Tendenz einen spürbaren Anstieg ihres Saldos.

Perspektivisch ist davon auszugehen, dass sich das Auseinanderdriften der TARGET2-Salden verlangsamt, da die EZB die Anleihekäufe zum Ende des Jahres beenden wird. Im Juli sanken die Forderungen übrigens wieder auf rund 913 Milliarden Euro.

Problem bei Euroaustritt

Dabei sind die Ungleichgewichte im TARGET2-System eigentlich so lange unproblematisch, wie die Währungsunion hält. Wenn das Ungleichgewicht auf Kapitalflucht aus anderen Ländern beruht, ist diese Kapitalflucht das Problem und der TARGET2-Saldo nur ein Signal dafür. Wenn er auf der Geldpolitik beruht, bringt er die massive Geldschöpfung zum Ausdruck. Der Saldo selbst ist aber kein Problem. Zum Problem wird es erst, wenn ein Land den Euro verlassen will. In diesem Fall würde es mit hoher Wahrscheinlichkeit den offenen Saldo bei der EZB nicht ausgleichen. Der EZB würde also der entsprechende Betrag fehlen und theoretisch würden die Steuerzahler von den verbleibenden europäischen Staaten dafür haften. Aber eine Zentralbank wie die EZB ist keine normale Bank. Es bestehen einige Möglichkeiten den Schaden aufzufangen. Die EZB könnte einfach das fehlende Geld neu aus dem Nichts schaffen oder aber eine zeitlose Forderung gegen die ausgeschiedene Notenbank aufrechterhalten. Es verbliebe dann ein entsprechender Rechnungsposten in der Bilanz der EZB.

TARGET2-Billionen nur Peanuts

Übrigens gibt es die TARGET2-Salden nur, weil es noch nationale Notenbanken gibt. Hätte man zum Start der Währungsunion alle Funktionen zentral nur bei der EZB gebündelt, wäre die Diskussion über die Ungleichgewichte der Salden hinfällig, weil nicht existent. Letztlich ist ein Plus oder ein Minus unter Notenbanken nur eine rechnerische Größe ohne praktische Relevanz. Bedrohlich kann es erst dann werden, wenn wirklich ein Land mit hohen TARGET2-Verpflichtungen aussteigt. Die Bombe, die dann aber platzen würde, lässt die TARGET2-Billionen als Peanuts erscheinen.

Kolumne von Markus Richert, CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln