Mittelstand leidet unter Konjunkturabkühlung
04.02.2020
Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung an der TU Darmstadt / Foto: © creditshelf
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland hat sich eingetrübt und die Bundesrepublik ist im vergangenen Herbst nur haarscharf an einer technischen Rezession vorbeigeschrammt. Die Auswirkungen spüren vor allem die Mittelständler - und reagierend entsprechend.
35 % aller deutschen Mittelständler merken spürbar negative Auswirkungen der schwächeren Wirtschaftslage. Um mit den Bedingungen besser zurecht zu kommen, setzen drei Viertel von diesen auf ein Programm zur allgemeinen Kostenreduzierung. Ebenfalls drei Viertel streben eine langfristige Sicherung der Kreditkonditionen an. Das geht aus dem „Finanzierungsmonitor 2020“ hervor, für den creditshelf gemeinsam mit der TU Darmstadt mehr als 200 Finanzentscheider aus mittelständischen Industrie, Handels- und Dienstleistungsunternehmen befragt hat. „Der fast zehn Jahre währende Konjunkturaufschwung ist zum Erliegen gekommen. Die exportorientierte deutsche Industrie kann sich den globalen Handelskonflikten und einer sich abkühlenden Weltwirtschaft nicht entziehen. Zudem ist immer noch nicht geklärt, welche Auswirkungen der nun entschiedene Brexit haben wird. 2019 sanken die deutschen Ausfuhren nach Großbritannien bereits um knapp vier Prozent“, erklärt Dr. Daniel Bartsch, Vorstand und Gründungspartner von creditshelf. Durch all diese Faktoren werden die Unternehmen unter Druck gesetzt, was auch Folgen für den Finanzierungsmarkt hat. So gaben 59 % der Befragten an, dass mittelständische Unternehmen in den vergangenen zwölf Monaten immer schwierigeren Zugang zu Krediten hätten.
„Es gibt zum Teil beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen“, erläutert Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung an der TU Darmstadt. So befindet sich etwa die Industrie noch in einer relativ stabilen Lage. „38 % der mittelständischen Industrieunternehmen haben bislang wenig oder gar keine Auswirkungen der wirtschaftlichen Abkühlung zu spüren bekommen. Im Handel sind es hingegen nur 26 %“, erklärt Schiereck, der den „Finanzierungsmonitor“ seit seiner ersten Auflage im Jahre 2016 wissenschaftlich begleitet. Die konjunkturelle Eintrübung zwingt den Mittelstand nach Angaben von creditshelf- Vorstand Bartsch zum Handeln: „Die Unternehmen stellen alles auf den Prüfstand. 74 % der Befragten gaben an, dass sie bei der Auswahl von Partnern und Lieferanten strengere Kriterien anlegten. Auch die Erschließung zusätzlicher Finanzierungsquellen ist jetzt ein Thema.“ Der creditshelf-Gründer sieht die Unternehmen hier im Vorteil, da sie heute von den innovativen Finanzierungslösungen vieler FinTechs profitieren können: „Wer einen zinsgünstigen Kredit oder eine zielgerichtete Finanzierung sucht, ist nicht mehr auf seine Hausbank angewiesen. Für passgenaue und innovative Angebote gibt es jetzt einen neuen Markt.“ (ahu)