Mit Blockchain Fluchtursachen bekämpfen

27.07.2018

Yasin Sebastian Qureshi, Vorstand The NAGA Group AG / Foto: © THE NAGA Group AG

finanzwelt: Wie glauben Sie, wird jemand ohne entsprechende Vorkenntnisse oder Ausbildung in der Lage sein, sich in dieser neuen Welt zurecht zu finden?

Yasin Sebastian Qureshi: Besonders Menschen ohne jegliche Vorkenntnisse – weder im technischen noch im finanziellen Bereich – werden sich in dieser neuen Finanzwelt besser wiederfinden. Und genau darin liegt die Daseinsberechtigung von FinTech, indem es Komplexität und Bevormundung reduziert. Bisher wurden in Kapitalfragen immer Finanzberater und andere Experten zu Rate gezogen – die eigene Entscheidung wurde also outgesourct. Beim Social Trading beispielsweise können sich Anleger wie in bekannten sozialen Medien global austauschen und anderen Tradern folgen. Anlageentscheidungen und Investments können in Echtzeit nachverfolgt und nachvollzogen werden. Jeder entscheidet selbst, kann jedoch „Vorbildern“ folgen, die ihren Erfolg unter Beweis gestellt haben. Und genau hier liegt der Unterschied zu Finanzberatern: es zählen nämlich Fakten und keine Versprechungen. Nicht zuletzt ist auch die Chance, dass sich ein Einzelner irrt, bedeutend höher als das Risiko, dass sich die Allgemeinheit in die falsche Richtung lenken lässt.

Dennoch besteht immer ein Restrisiko und niemand sollte blind Tradern folgen. Auch die erfolgreichsten Trader sind nur Menschen und machen Fehler. Wir legen bei NAGA deshalb ein Hauptaugenmerk auf die Sicherheit. In unsere Social Trading App – NAGA TRADER – haben wir darüber hinaus einen selbstlernenden Algorithmus namens CYBO eingebaut, der die Aktivität der Nutzer und deren tatsächliche Performance misst. Dadurch können Risiken selbst eingeschätzt werden und es wird sichergestellt, dass Privatanleger reale Trader vorfinden.

finanzwelt: Wie wichtig ist die (Internet-) Infrastruktur in den jeweiligen Ländern für Ihr Vorhaben?

Yasin Sebastian Qureshi: Das Internet ist bei FinTech weniger wichtig als ein existierendes Mobilfunknetz. Wie bereits eingangs erwähnt, ich die Durchdringung von Mobilfunknetzen und Mobiltelefonen in den meisten nicht-westlichen Industriestaaten deutlich höher als das Angebot an Banken und Geldautomaten. Insbesondere in Afrika wächst der Mobilfunkmarkt rasant. Gab es im Jahr 2000 noch 16,5 Millionen Mobiltelefone, sind es Stand heute bereits fast eine Milliarde – Tendenz steigend. Die Informationstechnik trägt in Afrika mittlerweile einen wichtigen Teil zum Wirtschaftswachstum bei. Und immer mehr Menschen suchen den Weg des digitalen Bezahlens mit dem Smartphone. Aus diesem Grund sind Kryptowährungen und die FinTech Industrie vor allem für diese Länder und ihre Menschen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

finanzwelt: Warum unterstützt die europäische Politik nicht Lösungsalternativen der privaten Wirtschaft und setzt auf Lösungen wie die von NAGA?

Yasin Sebastian Qureshi: Eine gute und sehr wichtige Frage. Ich denke es liegt auch ein wenig daran, dass politische Entscheidungsträger und traditionelle Banken – allen voran in Deutschland – das Aufkommen technischer Erneuerungen als Bedrohung des geliebten Status quo sehen. Hierzulande denkt man in solchen Sachen lieber konservativ statt progressiv. Dies gilt insbesondere für Bereiche, die im politischen und wirtschaftlichen Sinne strategisch wichtig sind – und dazu zählt der Finanzsektor zweifelsohne. Die Geschichte zeigt, dass technologische Erneuerungen immer mit Umbrüchen in der Gesellschaft verbunden waren. Für einen Politiker ist das daher ein heikles Feld. Meines Erachtens nach erleben wir aber auch einen Generationenkonflikt, wenn es um das Thema FinTech geht. Zweifel und Skepsis sind berechtigt und menschlich. Was mir jedoch fehlt ist eine offene und ernsthafte Debatte zwischen Gesellschaft, Politik, dem etablierten Finanzsektor und der neuen Generation über die Chancen von FinTech. Ja, wir sehen bereits Kooperationsbestrebungen zwischen Politik und Privatwirtschaft, aber bisher sehe ich nicht viel mehr als Lippenbekenntnisse.