Maklerhaftung: Versicherungsmakler haftet für ca. 5 Mio. Euro Schaden des Versicherungsnehmers (LG Hamburg)

23.11.2021

Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Parnterschaft mbB / Foto: © Jöhnke und Reichow Rechtsanwälte

Am 09.09.2021 urteilte das LG Hamburg (Az. 413 KHO 27/20) zum Ernstfall der privaten Maklerhaftung in Millionenhöhe. Zur Haftung in Millionenhöhe konnte es nur kommen, weil der Versicherungsmakler während einer laufenden Betreuung seiner Beratungsverpflichtung seinem Kunden gegenüber nicht nachkam und das Risiko nicht versicherte. Zur Verhinderung dieses Worstcase-Szenarios ist die Kenntnis der Anforderungen an die Maklerpflichten von enormer Wichtigkeit.

Der Sachverhalt vor dem LG Hamburg

Die Klägerin klagte den Versicherungsmakler an, weil dieser seine Pflichten aus dem Maklervertrag nicht korrekt erfüllt hatte. Die Klägerin betreibt seit 1990 ein Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO) und übernimmt Werk- und Objektsschutz. Im Rahmen ihrer Tätigkeit übernahm sie die Sicherung- und Überwachung von Flutschutztoren. Die Klägerin zeigte dem Makler am 10.11.2016 an, dass sie neue Überwachungsverträge annehmen wollte und benannte hierbei ausdrücklich den Tätigkeitsschwerpunkt im Flutschutz. Für diesen Bereich gab es jedoch im aktuellen Versicherungskonzept der Betriebshaftpflichtversicherung einen Ausschluss. Dieser Ausschluss war dem beklagten Versicherungsmakler auch bekannt, denn es wurde bereits ein Wechsel zu einer anderen Betriebshaftpflichtversicherung angedacht, bei welcher ein solcher Ausschluss nicht bestand.

Am 27.12.2016 kam es zu erheblichen Schäden bei den Kunden der Klägerin, und zwar aufgrund eines Hochwassers. Der Risikoversicherer der Klägerin wies eine Deckung ab, weil Flutschäden nicht versichert waren. Dass dies Deckungsablehnung gerechtfertigt war, bestätigte sogar der BGH. Denn es wurde zunächst versucht über die eigene Betriebshaftpflichtversicherung eine Deckung zu erlangen, da die Klägerin von Ihren Kunden auf etwa 5 Millionen Euro Schadensersatz in Anspruch genommen wurde.

Die Klägerin klagte den Versicherungsmakler so dann an, weil dieser nach ihren Aussagen nicht ausreichend für Versicherungsschutz gesorgt hat. Der Beklagte wendete ein, dass aufgrund der Tätigkeit der Klägerin nicht automatisch das Risiko des Flutschutzes mitzuversichern wäre, dies sei lebensfremd und unwirtschaftlich. Zudem beruft sich der beklagte Makler hilfsweise auf eine Begrenzung der Haftung aufgrund folgender Klausel im Maklervertrag:

„§ 8 Haftung

  1. Der Makler haftet für Vermögensschäden nach den gesetzlichen Bestimmungen, die Gesamtleistung für Vermögensschäden ist begrenzt auf einen Betrag von 2.500.000 Euro. [..] Die vorstehenden Haftungsbegrenzungen gelten nicht für die Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens[..].“

Das LG Hamburg gab der Klägerin jedoch Recht und verurteilte den Versicherungsmakler zur Schadensersatzzahlung in voller Höhe.

Die rechtliche Bewertung: Schlechterfüllung der Maklerpflicht

Streitwesentlich war die Frage, ob der Makler seine Beratungspflicht gegenüber dem Kunden verletzt hat. Der Makler muss den Kunden mit einem an das Risiko angepassten Versicherungsschutz versorgen, von sich aus das Risiko fortlaufend untersuchen und ungefragt über Anpassungsbedarf zu unterrichten (vgl. BGH vom 22.05.1985 (Az.: IVa ZR 190/83). Das LG Hamburg musste untersuchen, ob diese Pflicht verletzt wurde, indem das Risiko „Flutschutz“ nicht versichert wurde. Das Versicherungsangebot des Versicherers enthielt jedoch die Möglichkeit dieses Risiko zu versichern.

Der Makler könnte also seine Verpflichtung zur hinreichenden Risikoanalyse verletzt haben. Die Klägerin unterhielt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits acht Überwachungsverträge und war somit erkennbar in diesem Bereich tätig. Ob diese Pflicht verletzt wurde, war im Ergebnis nicht wichtig, denn der Beklagte hätte dies Deckungslücke spätestens am 10.11.2016 aufgrund der Anzeige der Aufnahme einer Überwachungstätigkeit im Flutschutz erkennen müssen. Den Makler trifft eine Überwachungspflicht, er muss dann tätig werden, wenn er über Veränderungen wie die Aufnahme neuer Risiken durch den Versicherungsnehmer in Kenntnis gesetzt wird.

Den Beweis, dass der Makler seiner Beratungspflicht nachgekommen ist, muss der Makler selbst erbringen. Der Beklagte konnte jedoch nicht beweisen, dass er keinen Anlass zur Beratung nach den erhaltenen Informationen über die Tätigkeit im Flutschutz gehabt hätte. Dem Makler muss die Möglichkeit zur Versicherung dieses Risikos in den Versicherungsbedingungen bekannt sein. Spätestens nachdem er Kenntnis über den neuen Überwachungsvertrag erlangt hatte, war der Makler in der Pflicht, passenden Versicherungsschutz zu besorgen.

Schadensersatz als Folge der Pflichtverletzung

Wenn der Makler seiner Pflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht nachkommt, dann sieht er sich einer privaten Haftung ausgesetzt. Die Haftung vollzieht sich nach dem Grundsatz der Quasideckung: Der Versicherungsnehmer ist so zu stellen, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten. Wenn das Risiko adäquat versichert worden wäre, dann hätte die Versicherung den Schaden in Höhe von 5. Mio. EUR übernommen. Somit muss der Makler für diese Summe aufkommen.

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