Lebensversicherung im Erbfall: Steuerlich schädliche Struktur vermeiden

23.09.2020

Dr. Christopher Riedel LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater / Foto: © Christopher Riedel

Soweit Lebens- und/oder Rentenversicherungen als Instrument des Vermögenstransfers eingesetzt werden, kann sich eine erbschaftsteuerrechtliche Relevanz ergeben. Das wird oftmals unterschätzt, kann aber zu weitreichenden Forderungen der Finanzbehörden führen. Frühzeitig Planung erleichtert die Vermögensnachfolge natürlich, aber interessanterweise ist selbst nach dem Erbfall noch eine günstige Gestaltung möglich. Finanzberater, Versicherungsvermittler und Vermögensverwalter sollten ihre Kunden frühzeitig darauf hinweisen.

Die Lebensversicherungsbestände in Deutschland sind riesig. Folgt man der Zahl der Hauptversicherungen, hielt die Branche in 2018 insgesamt 82,56 Millionen Verträge. Damit hat durchschnittlich jeder Deutsche eine Lebensversicherung – was in der Praxis tatsächlich heißt, dass viele Erwachsene zwei oder mehr Verträge halten. Die über diese Policen versicherte Summe liegt bei 281,5 Milliarden Euro. Ebenso wichtig: Die deutschen Lebensversicherer haben 2019 deutlich mehr an ihre Kunden ausgezahlt als ein Jahr zuvor. Auch das bei Lebensversicherern angesparte Geldvermögen legte stark zu, berichtet der GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Die ausgezahlten Leistungen aus Lebens- und Rentenversicherungen stiegen 2019 laut des Verbandes um 7,4 Prozent auf rund 84,5 Milliarden Euro – oder rund 231 Millionen Euro pro Kalendertag. Von der Gesamtsumme entfielen rund 10,7 Milliarden Euro auf laufende Rentenzahlungen aus Haupt- und Zusatzversicherungen. Dies entspricht einem Zuwachs um rund 3,1 Prozent. Laufende Zahlungen aus Rentenversicherungen gewinnen damit stetig an Bedeutung.

Günstige steuerliche Behandlung durch Halbeinkünfteverfahren

Es gilt also weiterhin der Befund, dass Lebensversicherungen zu den klassischen Instrumenten der Vermögensanlage und Vorsorge gehören. Gerade unter Eheleuten und Lebenspartnern bieten sich Lebensversicherungen sowohl zur (gegenseitigen) Risikoabsicherung als auch für den planmäßige Vermögensaufbau an. Rentenversicherungen bieten überdies die Möglichkeit, eine (zusätzliche) laufende Altersversorgung bereitzustellen. Unter bestimmten Bedingungen sind die Zahlungen dann auch noch ertragssteuerlich begünstigt. Bei einer Mindestvertragslaufzeit von zwölf Jahren und vollendetem 62. Lebensjahr bei Bezug wird der individuelle Steuersatz auf den hälftigen Ertrag angesetzt, das sogenannte Halbeinkünfteverfahren. Für Anleger bedeutet das, dass sie bei der Auszahlung der Police nach Rentenbeginn in diesen Fällen meist deutlich weniger Steuern zahlen, weil der Steuersatz im Rentenalter geringer ist. Im Gegensatz dazu unterliegen Verträge, die nach dem 31. Dezember 2008 geschlossen worden sind und die Bedingungen, die für das Halbeinkünfteverfahren erforderlich sind, nicht erfüllen, sowie Verträge, die vor dem 31. Dezember 2004 steuerschädlich abgeschlossen wurden, der ab diesem Zeitpunkt geltenden Abgeltungsteuer. Sie beträgt 25 Prozent der mit der Lebensversicherung erzielten Kapitalerträge plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer, die dann direkt an das Finanzamt abgeführt werden.

Wie die steuerliche Betrachtung während der Ansparphase ist, lesen Sie auf Seite 2