Krisenbewältigung geht anders

05.02.2024

Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Auch in den USA droht Ungemach, deren Schulden inzwischen die 33 Billionen und der Kapitalaufwand (Durchschnittszins 3,1 Prozent) im Haushalt die 1 Billion überschritten haben. Das Defizit im Dezember stieg um 52 Prozent oder 44 Mrd. gegenüber Dezember 2022. Auch die relativ stabile Wall Street sendet Warnsignale. So machen die sieben besten Aktien etwa ein Drittel der Kapitalisierung im S&P 500 aus. Technisch besteht die große Gefahr eines Doppeltops, zumal die Indikatoren das letzte Hoch noch nicht bestätigt haben. Der Buffett-Indikator steht bei 175 (Durchschnitt 128), der Schiller-Index gilt bei über 32 als recht „sportlich“ bewertet, die Berkshire-Hathaway-Aktie/Fonds hat hohe Barreserven wie nie, es werden Insiderverkäufe gemeldet (zum Beispiel Zuckerberg verkaufte 1,28 Mio. Meta-Aktien) und nicht zuletzt weist die KI-Aktie Nvidia auch nach Bekanntgabe von tollen Zahlen noch immer ein KGV von 65 aus. Die Börsen-Mentalität scheint eher auf „Gier“ oder zumindest auf „keine Angst“ hinzuweisen. Wenn für Börsen nur positive Szenarien erwartet werden, hat dies zwei Risiken. Zum einen könnte das Positive schon eskomptiert sein und zweitens gibt es für die Börse nur eine Richtung, wenn das Szenario negativ (steigende Inflation/steigende Zinsen und/oder rezessive Wirtschaften) überrascht. Völlig unbeachtet bleibt die Aussage von Ökonomen, dass die Wirkung der Zinserhöhungen (Gipfel im Juli 2023) erst ein bis eineinhalb Jahre später voll zum Tragen kommt. Demnach würde sich die Wirtschaft in den USA im 2. Halbjahr deutlich abschwächen.

Vor dem Hintergrund ist es fast verwunderlich, dass Gold am „All-time-high“ notiert (neues Jahresendhoch). Auch wenn hier, wie bei den Aktien, auf die eventuell bald fallende Notenbank-Zinsen spekuliert wird. Es ist auffallend, dass trotz der Gold-Verkäufe in USA und Europa das Gold sehr stabil in Nähe der Höchstkurse verbleibt. Die Bestände vom Spider-Gold-Trust in den USA und die der Gold-ETFs sind um rund ein Drittel seit 2020 gefallen. Die Käufer waren Ost-Notenbanken wie China und Russland. Sie sammeln Gold aus strategischen Gründen ein und werden auch bei Kursen von 2.500 und 3.000 US-Dollar nicht verkaufen. Auch die Presse berichtet kaum über Gold und wenn, dann meist negativ.

Der „perfekte“ Sturm

Der „perfekte“ Sturm könnte im Anmarsch sein. Wohin die Kurse dann steigen, wenn die westlichen Anleger Gold kaufen, überlasse ich der Fantasie jedes Einzelnen. Aber ein Hinweis auf Größenordnungen erscheint mir angebracht: Wer die gesamte Goldproduktion eines Jahres (ca. 3.620 Tonnen) aufkaufen will, benötigt bei einem Kurs von 58.000 Euro/ Kilobarren in etwa 0,22 Billionen. In Aktien sind weltweit fast 90 Euro Billionen investiert, das heißt mit 0,245 Prozent der Aktien kann man die gesamte Jahresproduktion Gold kaufen. Wenn demnach nur ein Prozent Aktien in physisches Gold getauscht würden, wäre die Produktion von 4 Jahren nachgefragt. Im Gegensatz zu manchem negativen Zeitungsartikel hat Gold langfristig seinen Ruf als Inflations-Schutz bestätigt. Wer im Jahr 2000 Gold kaufte, hat heute einen Wertzuwachs von 626 Prozent (26 Prozent jährlich). Zum Vergleich: DAX plus 143 Prozent (5,97 Prozent jährlich).

Die Entscheidungen der Politik sowie die Entwicklung der geopolitischen Krisen sind schwer einzuschätzen und daher liegen den unterschiedlichen Börsenprognosen auch unterschiedliche Szenario-Annahmen zu Grunde. Weil kein Anleger und kein Berater/Analyst/Börsenbrief dieser Welt die Auflösung kennen, sollte der Anleger auf beide Börsentrends vorbereitet sein. Da die Risiken immer mehr zunehmen, empfehlt sich eine erhöhte Liquiditätshaltung, hohe Qualität bei den Investitionen und einen 20prozentigen Anteil Edelmetalle. Die Beimischung von Silber erscheint Erfolg versprechend, da Silber nicht nur der „kleine Bruder“ vom Gold ist, sondern auch im Vergleich zu Gold ein riesiges Aufholpotential, wie das Gold-Silber-Ratio von 89 andeutet (Durchschnitt ca. 65 = 30 US-Dollar).

Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.