„Klimawandel und Verlust der biologischen Vielfalt verstärken sich gar gegenseitig“

25.08.2021

Verena Kienel und Mathias Pianowski, beide stellvertretende Abteilungsleiter des Nachhaltigkeitsresearch bei ÖKOWORLD / Fotos: © ÖKOWORLD

finanzwelt: Wie ist nun der konkrete Bezug zur Finanzwirtschaft? Kienel: Biodiversität ist fundamental und ein nicht zu unterschätzendes Risiko auch für die Welt- und Finanzwirtschaft. Anders gesagt – die Finanzmarktinstabilität steigt infolge des verschlechterten Zustandes der Biodiversität. Das ist mittlerweile, glaube ich, bei einigen wenigen Akteuren auch bereits angekommen, jedoch wird das Thema noch viel zu wenig in der Öffentlichkeit und Finanzwirtschaft diskutiert und vor allem noch nicht dementsprechend agiert. In diesem Kontext sind natürlich verschiedene Akteure wichtig. Zum einen die Unternehmen, die ihrerseits einen nennenswerten Beitrag dazu leisten können, dass entlang der Lieferkette die Ökosysteme geschützt werden. Dies ist natürlich umso wichtiger, wenn Unternehmen auf pflanzliche Rohstoffe angewiesen sind. Ferner die Finanzbranche an sich, die Projekte finanziert. Zu guter Letzt natürlich auch die Investoren, die durch ihre Investitionen und ihr Tun darlegen können, was ihnen wirklich wichtig ist, beispielsweise durch Investitionen in Unternehmen, die den Klimaschutz als auch den Schutz der Biodiversität vorantreiben. Hier spielen zum Beispiel auch Ausschlusskriterien und aktives Engagement mit Unternehmen eine Rolle. Wer ohne Bewusstsein und Gewissen mit seiner Geldanlage zum Schaden der genetischen und biologischen Artenvielfalt investiert, sägt auf dem Ast, auf dem wir alle sitzen.

finanzwelt: Und das führt uns zur Investmentphilosophie von ÖKOWORLD… Kienel: Einfach gesagt käme es uns nie in den Sinn, in Unternehmen zu investieren, die die Biodiversität sozusagen so degenerieren lassen und unvermindert Raubbau an der Natur und ihrer Ökosysteme betreiben. Seit mehr als vier Jahrzehnten bleibt ÖKOWORLD seinem Verständnis von globaler Verantwortung und Investieren treu. Ein Gremium unabhängiger Experten, der sogenannte Anlageausschuss, entscheidet für unseren bereits im Jahr 1996 aufgelegten ÖKOWORLD ÖKOVISION CLASSIC, welche der vom Fondsmanagement vorgeschlagenen und Research geprüften Zielunternehmen in das Anlageuniversum aufgenommen werden. Auch für unsere anderen Fonds wie ÖKOWORLD KLIMA, wenden wir einen strikt getrennten Investmentprozess an, so dass es keine Interessenskonflikte zwischen finanziellen und nachhaltigkeitsrelevanten Aspekten bei uns gibt. Nur aus dem durch vorherige Nachhaltigkeitsanalyse gefilterten Anlageuniversum darf das Fondsmanagement dann einzelne Unternehmen für ein Investment auswählen. Wir machen da keine Kompromisse. Stattdessen haben wir bei uns Unternehmen im Anlageuniversum, die pflanzliche Ernährungsprodukte herstellen oder sich durch eine ökologische und artgerechte Bewirtschaftung auszeichnen, wie beispielsweise die schweizerische Emmi AG. Auch die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern, die unter anderem den Schutz der Biodiversität und Artenvielfalt umfasst, spielt eine Rolle bei uns. Lobenswerte Beispiele sind die schwedische Svenska Cellulosa AB oder das brasilianische Unternehmen Duratex. Auch Unternehmen aus dem Immobilienbereich werden bei uns danach selektiert, ob sie den Erhalt der Ökosysteme bei ihren Projekten berücksichtigen.

finanzwelt: Mit Blick auf die “Biodiversitäts-Uhr” ist es… Pianowski: Schlag zwölf. Zeit, die richtigen Dinge zu tun. (ah)