Klimaschwerpunkt der EZB

29.11.2022

Erika Karolina Wranegard, Portfolio Managerin Fixed Income bei Lombard Odier Investment Managers - Foto: © TE Communications

Die Europäische Zentralbank dekarbonisiert schrittweise ihre Bestände in Unternehmensanleihen. Dies wird Anleihenemittenten mit klaren Netto-Null-Zielen zugutekommen. Wir erwarten eine erhöhte Spreaddifferenzierung zwischen Klimavorreitern und -nachzüglern.

Die EZB wird ihre Bestände in Unternehmensanleihen auf klimaorientierte Emittenten ausrichten. Der Übergang zu einem kohlenstoffneutralen Ansatz bedeutet, dass die EZB in sämtlichen Sektoren Unternehmen mit guter Klimaperformance übergewichten wird. Diese Ausrichtung wird Klimavorreitern günstige Finanzierungsbedingungen verschaffen und könnte zu einer relativen Spreadausweitung für Klimanachzügler führen. Die Politik der EZB offenbart das Übergangsrisiko in der Praxis und verdeutlicht, wie klimaorientierte Portfolios durch ihre günstige Positionierung solche Chancen nutzen können.

EZB: Klima-Score für Unternehmensanleihen

Die EZB ist einer der größten Akteure am Markt für auf Euro lautende Unternehmensanleihen. Im Rahmen ihres Kaufprogramms für Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) hält sie derzeit Unternehmensanleihen im Wert von EUR 344 Mrd., was rund 10 % des Markts für EUR-Unternehmensanleihen entspricht. Im kommenden Jahr wird die EZB die Rückzahlungsbeträge fälliger Anleihen in Höhe von bis zu EUR 24 Mrd. reinvestieren. Ab dem 1. Oktober 2022 wird die Zentralbank diese Reinvestitionen nach ihrem neuen Ansatz des Klimaschwerpunkts vornehmen.

Die Zentralbank weist jedem Emittenten einen Klima-Score zu und bevorzugt bei Reinvestitionen Emittenten mit besseren Bewertungen, um einen Dekarbonisierungsanreiz zu setzen. Der Klima-Score basiert auf drei Faktoren:

  • Einem vergangenheitsbezogenen Emissions-Teilscore auf Grundlage der historischen Emissionen des jeweiligen Emittenten, unter Berücksichtigung von Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen. Die EZB zieht die von den Unternehmen ausgewiesenen Scope-1- und Scope-2-Emissionen und die durchschnittlichen Scope-3-Emissionen des jeweiligen Sektors heran. Sie berücksichtigt die Performance eines Unternehmens sowohl im Vergleich zu dessen Sektor als auch im Vergleich zu allen zulässigen Anleihenemittenten. Unternehmen mit überdurchschnittlicher Performance erhalten einen besseren Score.
  • Einem zukunftsgerichteten Ziel-Teilscore auf Grundlage der von dem jeweiligen Emittenten in Zukunft angestrebten Emissionsreduktion. Die EZB berücksichtigt die Art des Ziels und auch, ob es wissenschaftsbasiert ist und von einer Drittpartei verifiziert wurde. Unternehmen, die keine Emissionen ausweisen oder keine Zwischenziele haben, erhalten den niedrigsten Ziel-Score. Unternehmen mit ehrgeizigeren Dekarbonisierungszielen erhalten einen besseren Score.
  • Einem Klimaberichterstattungs-Teilscore auf Grundlage der Beurteilung der Berichterstattung der Emittenten über ihre Treibhausgasemissionen. Emittenten, die keine Emissionsdaten ausweisen, erhalten den niedrigsten Teilscore. Emittenten mit guter Berichterstattung erhalten dagegen einen besseren Score.

Die EZB wird den Klimaschwerpunkt umsetzen, indem sie grüne Anleihen am Primärmarkt bevorzugt behandelt. Sie wird das Laufzeitenprofil ihres Exposure in emissionsintensiven Emittenten ohne Netto-Null-Ziel begrenzen. Die Aufteilung der Reinvestitionen im Rahmen des CSPP nach Emittenten richtet sich nach dem Klimaschwerpunkt. Ab dem 1. Quartal 2023 wird die EZB klimabezogene Informationen zu ihren Beständen in Unternehmensanleihen veröffentlichen und regelmässig über die Fortschritte bei der Ausrichtung auf die Ziele des Übereinkommens von Paris Bericht erstatten.

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