Klimaschwerpunkt der EZB

29.11.2022

Erika Karolina Wranegard, Portfolio Managerin Fixed Income bei Lombard Odier Investment Managers - Foto: © TE Communications

Ein kohlenstoffneutraler Ansatz

Die Käufe von Unternehmensanleihen durch die EZB erfolgten früher nach dem Grundsatz der Marktneutralität. Dabei spiegelten die Käufe die Zusammensetzung des Gesamtmarkts in Bezug auf die ausstehenden Anleihenvolumen wider. Da aber emissionsintensive Sektoren in der Regel aufgrund ihres hohen Investitionsbedarfs mehr ausstehende Anleihen aufweisen, führte dieser marktneutrale Ansatz zu einer hohen Emissionsintensität der von der EZB gehaltenen Unternehmensanleihen. Im Grunde genommen bedeutete dies, dass die EZB über ihre Käufe von Unternehmensanleihen emissionsintensive Unternehmen finanzierte und unterstützte.

Jetzt verwaltet die EZB ihr Portfolio aktiv im Sinne der Ziele des Übereinkommens von Paris. Damit geht sie von ihrem früheren marktneutralen Ansatz zu einem kohlenstoffneutralen Ansatz über. Dieser dient dazu, durch den Klimawandel bedingte finanzielle Risiken für die Zentralbankbilanz zu verringern, die Unternehmen zur Offenlegung von Klimarisiken zu motivieren und im Einklang mit dem Klimaneutralitätsziel der Europäischen Union den ökologischen Wandel zu unterstützen.

Auswirkungen auf den Markt

Unsere TargetNetZero-Strategie ist so positioniert, dass sie vom Klimaschwerpunkt der EZB profitieren kann. Denn sie verwendet zukunftsgerichtete Dekarbonisierungspfade, um auf die Ziele des Übereinkommens von Paris ausgerichtete Unternehmen zu bevorzugen. Der neue Ansatz der EZB bedeutet, dass sie in allen Sektoren Unternehmen mit guter Klimaperformance übergewichten wird. Dies dürfte günstige Finanzierungsbedingungen für die sogenannten „Eiswürfel“ in unserer TargetNetZero-Strategie für Investment-Grade-Unternehmensanleihen schaffen: Unternehmen in schwer zu dekarbonisierenden Bereichen der Wirtschaft, die glaubwürdige, wissenschaftsbasierte Pläne vorweisen können, um die Emissionen auf Niveaus zu senken, die mit einem Netto-Null-Pfad kompatibel sind. Letztlich könnten günstigere Finanzierungsbedingungen für Eiswürfel deren Kreditqualität verbessern.

Unsere TargetNetZero-Strategie minimiert zudem das Exposure in „brennenden Holzscheiten“ oder emissionsintensiven Unternehmen ohne erkennbare Dekarbonisierungspläne. Auf ähnliche Weise benachteiligt der Ansatz der EZB „schmutzige“ Emittenten: Er verringert ihr Gewicht in der neuen, klimaorientierten Benchmark, nach der sich die Reinvestitionen der EZB im Rahmen des CSPP richten, und begrenzt deren Laufzeitexposure. Das könnte dazu führen, dass sich die Spreads kohlenstoffarmer Nachzügler unter den Anleihenemittenten relativ gesehen ausweiten.

Allgemeiner gesehen bevorzugt die EZB grüne Anleihen am Primärmarkt, weshalb deren Kursaufschlag oder „Greenium“ steigen könnte. In ihrem EZB-Podcast im Juli erklärte die Notenbank, der Klimaschwerpunkt „wird Wirkung zeigen“. Man werde ihn verstärken, sollten die aktuellen Massnahmen nicht zu einer Spreaddifferenzierung zwischen schmutzigen, emissionsintensiven Unternehmen und auf den Übergang zu Netto-Null ausgerichteten Emittenten führen.

Kommentar von Erika Karolina Wranegard, Portfolio Managerin Fixed Income bei Lombard Odier Investment Managers