Immobilien in Kontinentaleuropa bereiten Freude
28.05.2018
Mark Callender, Leiter des Immobilien-Researchs bei Schroders / Foto: © Schroders
Nach einem Höchststand von 12,1 Prozent im Jahr 2013 fiel die Arbeitslosigkeit im Januar 2018 auf 8,6 Prozent. Zusätzlich dürfte der seit kurzem kräftig anziehende Welthandel den exportorientierten Wirtschaften von Ländern wie Deutschland, der Niederlande und den nordischen Ländern zugutekommen. Mehrere Regierungen in der Eurozone können es sich nun leisten, entweder die Ausgaben zu erhöhen oder die Steuern zu senken.
Obwohl das stärkere Wachstum auch die Inflation ankurbeln wird, geht Schroders davon aus, dass die Preissteigerungsrate in den nächsten Jahren bei 1,25 bis 1,5 Prozent jährlich niedrig bleiben wird und infolgedessen die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinssätze bis 2019 nicht und danach nur allmählich erhöhen dürfte.
Städte im Aufwind lösen Länder als Nachfragetreiber ab
Abbildung 2 zeigt das prognostizierte Wirtschaftswachstum in wichtigen europäischen Großstädten im Laufe der nächsten fünf Jahre (Quelle: Oxford Economics). In den meisten Ländern wird in den Hauptstädten oder in den größten Städten ein stärkeres Wirtschaftswachstum prognostiziert als in den kleineren Städten. Daher wird erwartet, dass Amsterdam, Berlin, Kopenhagen, Helsinki, Madrid, München, Oslo, Rom und Stockholm den jeweiligen nationalen Durchschnitt übertreffen werden.
Einige Ausnahmen legen jedoch nahe, dass Größe nicht immer von Vorteil ist. In Frankreich dürfte die Binnenmigration vom Norden in den Süden und Westen bewirken, dass Lyon, Nantes und Bordeaux in wirtschaftlicher Hinsicht schneller wachsen werden als Paris, obwohl die Bevölkerung der Hauptstadt aufgrund der Zuwanderung aus dem Ausland wahrscheinlich weiter wachsen wird. Ähnlich ergeht es auch Brüssel: Aufgrund des hohen Anteils an Personen, die in der Verwaltung der EU und der Regierung tätig sind, wird die Wirtschaft der Stadt im Laufe der nächsten fünf Jahre kaum stärker wachsen als der belgische Durchschnitt.
Abbildung 2: Wirtschaftswachstumsprognosen für die jeweiligen Großstädte und Länder: 2017-2022 in %
Quelle. Oxford Economics, Schroders. Dezember 2017.
Die am schnellsten wachsenden Großstädte haben typischerweise vier Hauptmerkmale: Erstens besitzen sie eine breitgefächerte Wirtschaft aus verschiedenen Sektoren und einer Mischung aus großen Unternehmen und Start-up-Unternehmen. Großstädte, die von einer oder zwei großen vertikal integrierten Firmen dominiert werden, laufen langfristig eher Gefahr zu verkümmern.
Zweitens und in direktem Zusammenhang mit dem ersten Faktor sind diese Städte durch das Vorhandensein einer hochgebildeten Arbeitnehmerschaft gekennzeichnet, was üblicherweise eine leistungsstarke Universität und gute Schulen voraussetzt. Gleichzeitig fungieren Universitäten oftmals nicht nur als Saatbeet für neue Start-up-Unternehmen. Auch große Unternehmen aus den Bereichen IT, moderner Fertigungstechnologie sowie den Biowissenschaften streben zusehends danach, mit Akademikern zusammenzuarbeiten, da die unternehmenseigene Entwicklung neuer Produkte zu komplex ist. Analysen der Großstädte in den USA legen nahe, dass Bildung der relevanteste Indikator für städtischen Erfolg ist.
Drittens benötigen florierende Großstädte eine proaktive Stadtregierung mit einer langfristigen Vision in den Bereichen Wohnungswesen, Transport, wirtschaftliche Entwicklung, städtische Erneuerung, Schulen und Krankenhäuser.
Viertens ist es hilfreich, wenn eine Großstadt ein attraktives Lebensumfeld bietet und eine Mischung von alten und neuen Gebäuden sowie eine Vielzahl kultureller Attraktionen einschließlich Sportanlagen, Museen, Theatern und Restaurants aufweist.
Schlussendlich kann argumentiert werden, dass ein fünfter Faktor für florierende Städte darin besteht, dass kleinere Großstädte sich in einem angemessenen Abstand zu Metropolen befinden sollten, denn sonst zieht die Gravitationskraftkraft der Metropolen Unternehmen und Personen ab.
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