Immobilien als 360-Grad-Aufgabe
21.02.2022
Rauno Gierig, CEO und Frank M. Huber, CSO der Verifort Capital Gruppe / Foto: © Verifort Capital
finanzwelt: Der Gewinn – fünf Euro in das Phrasenschwein – liegt ja im Einkauf. Aber das ist ja nicht alles. Wie kann ich den Wert meiner Immobilien weiter steigern, und wie gehen Sie da konkret vor? Huber» Natürlich ist ein guter Einkaufspreis mit Blick auf den Wiederverkauf schon die halbe Miete. Aber um den Wert einer Immobilie über die Haltedauer spürbar steigern zu können, sind in der Regel deutlich mehr Maßnahmen nötig. Dazu haben wir bereits beim Ankauf einen sehr genauen Plan davon, welche Maßnahmen zur Steigerung des Werts der jeweiligen Immobilie nötig sind. Das bedeutet, wir entwickeln bereits vor dem Ankauf, in der Prüfungsphase, einen Business- bzw. Entwicklungsplan für jedes Objekt, der den gesamten Lebenszyklus der Immobilie von Ankauf bis Verkauf enthält. Das können dann etwa Umbau- und Renovierungsarbeiten sein, um den Objektwert zum Beispiel durch modernere Gebäudetechnik zu steigern. Genauso kann eine Umstrukturierung des Mietermix die Immobilie attraktiver machen – das kann zum Beispiel bei Einkaufszentren der Fall sein. Um auf den Einkauf zurückzukommen: Solche Planungen müssen eben bereits im Vorhinein geplant werden. So gesehen entscheidet sich ein guter Verkauf eigentlich schon lange vor dem Einkauf.
finanzwelt: Man sagt gewohnt wird immer. Gemanagtes Wohnen, Pflegeimmobilien und Betreutes Wohnen sind aber mehr: Es sind absolute Zukunftsthemen, oder? Gierig» Auf jeden Fall. In Deutschland führt der demografische Wandel dazu, dass unsere Gesellschaft insgesamt immer älter wird und der Anteil der Mitmenschen, die auf Pflege und Betreuung angewiesen sind, steigt. Schon heute ist in Deutschland mehr als jede fünfte Person über 65 Jahre alt. Für diese Menschen geht es eben nicht mehr nur um die Frage nach Wohnplatz grundsätzlich, sondern sehr konkret um professionelle Einrichtungen mit Pflege- und Betreuungsangeboten. Beim derzeitigen Stand dürften hierzulande bis 2030 jedoch bis zu 4.000 Pflegeheime und bis zu 300.000 Pflegeplätze fehlen. Das aktuelle Angebot an solchen Plätzen wächst auf absehbare Zeit also nicht schnell genug. Dadurch ist dieser ganze Bereich auf weitere Investitionen, sowohl in Neuimmobilien als auch in die Modernisierung von Bestandsobjekten angewiesen, was wiederum langfristige Anlagechancen bietet. Investoren können bei uns vom demografischen Wandel profitieren und gleichzeitig einen gesellschaftlichen Beitrag leisten, dass dringend notwendige Betreuungsplätze in Deutschland geschaffen werden. Wir sind übrigens im letzten Jahr mit dem Deutschen Beteiligungspreis als ‚Top Nachhaltiges Investmentvermögen 2021‘ für unseren Einsatz und Qualität für diese Assetklasse ausgezeichnet worden.
finanzwelt: Es ist immer schwierig, im Sachwerte- oder AIF-Bereich von Garantien zu sprechen. Aber Sicherheit ist schon ein großes Thema für Pflegeimmobilien, oder? Huber» Die Stabilität der Assetklasse Pflegeimmobilien ergibt zunächst aus der demografischen Entwicklung, Rauno Gierig erwähnte ja eben schon die fehlenden Pflegeplätze. Darüber hinaus verfolgen wir mit unseren Fonds einen Portfolioansatz, wir investieren also risikogemischt in verschiedene Objekte und Nutzungsarten. Damit verteilen sich eventuell auftretende Risiken über mehrere Objekte, Betreiber und Standorte.
finanzwelt: Wie hoch sind im Pflegeimmobiliensektor denn die Renditen, wenn man wie Verifort Capital bis 50 oder 60 % mit Fremdkapital hebeln kann? Gierig» Das hängt natürlich wieder vom oben beschriebenen Einkauf ab. Wie bei jeder Investition hängen auch im Pflegesektor die beiden Faktoren Rendite und Risiko zusammen. Die Bandbreite bewegt sich hier zwischen 2,5 und 4,0 %.
finanzwelt: Aber ohne Personal können gemanagte Wohneinheiten nicht betrieben werden. Corona zeigt uns hier die Grenzen schnell auf. Wo sehen Sie den größeren Bedarf, beim Bau, in der Finanzierung oder im Fachkräftemangel? Huber» Alle drei Bereich stehen vor Herausforderungen. Beim Bau sind Rohstoffe inzwischen sehr teuer geworden, vor allem aber führt der Mangel an Fachkräften hier zu großen Problemen. Beim Thema Finanzierung sehen wir mit Blick auf die Regulatorik, dass Banken das Geld aktuell scheinbar lieber bei der EZB parken als es in den Wirtschaftskreislauf zu geben. Aber auch der Fachkräftemangel im Pflegebereich ist sichtbar. Wir hören von den Betreibern unserer Pflegeheime, dass es hier durchaus Herausforderungen gibt.
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