Haltung und Rückgrat sind in der Geschäftswelt essenziell

17.10.2024

Katrin Hammerich, Andrea Machost und Torsten Müller, der Vorstand der ÖKOWORLD AG / Foto: © finanzwelt / Sabrina Henkel

Einen Blick hinter die Fassade zu werfen, ist wichtig. Das ist eine der Triebfedern, die mich gelegentlich zu Interviews der „besonderen Art“ führen. Es geht nicht nur um den fachlichen Austausch. Vielmehr ist es Ziel, den Menschen hinter dem Funktionsträger vorzustellen und en passant zu erfahren, wie er zu dem geworden ist, was er heute verkörpert. In der Vergangenheit war es immer ein 1:1-Gespräch. Bei dem Hildener Nachhaltigkeitspionier ÖKOWORLD AG standen alle drei Vorstände, namentlich Katrin Hammerich, Andrea Machost und Torsten Müller, Rede und Antwort.

Hilden, 29.08.2024. Bereits vormittags klettern die Temperaturen in die Höhe. Zunächst treffe ich Torsten Müller. Er ist im Vorstand für die Bereiche Nachhaltigkeitsresearch, Banken- & Vermittlervertrieb, Marketing & Presse/-Öffentlichkeitsarbeit sowie IT zuständig.

finanzwelt: Herr Müller, Inflation, Geopolitik und weitere Faktoren haben das Thema Nachhaltigkeit in der jüngeren Vergangenheit in den Hintergrund gerückt. Spüren Sie nun wieder Rückenwind?
Torsten Müller» Nachhaltigkeit war eine Zeit lang ein großes Mainstream-Thema. Viele berichteten über die Veränderungen des Klimas, Strategien zur Reduktion von CO2-Emissionen und damit zusammenhängende Faktoren. Das ist etwas abgeebbt. Nachhaltige Fonds erlebten in den Jahren 2020 und 2021 einen regelrechten Boom. Auf diese Phase der Euphorie folgten zwei Jahre der Marktkonsolidierung. Das sind alles Wellenbewegungen, wie wir sie in der fast 50-jährigen Geschichte von ÖKOWORLD schon öfter beobachtet haben. Wir sind dennoch überzeugt, dass nachhaltiges Investieren keineswegs an Bedeutung im globalen Zusammenhang eingebüßt hat. Die Probleme sind nach wie vor akut und vor unserer Haustür. Die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels sind nicht irgendwann und in weit entfernten Weltgegenden spürbar, sondern bereits hier und heute – auch in Europa und Deutschland. Es erscheint uns als ÖKOWORLD wichtig, gerade auch in diesen Phasen Haltung zu zeigen, unserer Philosophie treu zu bleiben und neue Impulse aufzunehmen. Wir wollen durch unsere Angebote überzeugen und weniger mit dem moralischen Zeigefinger.

finanzwelt: Das neue Vorstands-Trio lenkt jetzt seit etwas mehr als einem Jahr federführend die Geschicke des Unternehmens. Wo sehen Sie Kontinuität, was möchten Sie ändern/anpassen?
Müller» Die Vision der Gründungsväter, die Ökologisierung der Wirtschaft voranzutreiben, war und ist richtig. Insofern bleiben wir unseren Werten tief verbunden. Sonst wären wir für unsere Kunden auch nicht glaubwürdig. Mit dem vollzogenen Generationenwechsel in Vorstand und Aufsichtsrat gilt es nun, Tradition und Moderne zu verbinden. Sozusagen auf der Höhe der Zeit zu sein, ohne die eigenen Wurzeln zu verlieren. Erklärtes Ziel ist es beispielsweise, neue, insbesondere auch jüngere Zielgruppen zu erreichen. Das gelingt am besten über eine entsprechende Ansprache und neue Kanäle wie Social Media. Wir bauen unsere Präsenz bei Instagram und Facebook aus, außerdem planen wir eigene Podcasts. Wir möchten die Menschen dort abholen, wo sie sich bewegen.

finanzwelt: Im Zuge der Erneuerung haben Sie die ÖKOWORLD breiter aufgestellt, auch im Vertrieb.
Müller» Exakt. Im Frühjahr haben wir eine neue regionale Vertriebsstruktur eingeführt und zugleich das Vertriebsteam deutlich erweitert. Ein wichtiger Schritt, denn somit schaffen wir mehr Transparenz nach innen und außen. Auch in anderen Bereichen wächst das Unternehmen, beispielsweise im Bereich Marketing und Kommunikation.

finanzwelt: Bevor wir zu einigen persönlichen Bemerkungen kommen, kurz nachgefasst: 2025 steht ein Jubiläum an, die ÖKOWORLD wird 50. Gibt es schon konkrete Pläne?
Müller» Auf jeden Fall werden wir das Jubiläum mit einem großen Fest begehen. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Insofern gibt es mehr als einen Grund, um unser 50-jähriges Bestehen zu feiern. Wir blicken zurück, insbesondere auf die Lebensleistung der beiden Gründer Platow und Odenthal, schauen aber ebenso zentriert auf die nächste Etappe. Wie können wir die nächsten erfolgreichen Entwicklungsschritte gehen? Viele Fragen und Antworten, die wir beim Jubiläum Mitte September 2025 erörtern.

finanzwelt: Menschen machen Unternehmen erfolgreich. Insofern einige wenige Einblicke in Ihren Kosmos. Was hat Sie an der Aufgabe bei ÖKOWORLD besonders interessiert?
Müller» Entscheidend war sicherlich, dass ich von Anfang an das Gefühl hatte, dass konträre Meinungen durchaus erwünscht sind. Gegen den Strom zu schwimmen, wissend, dass ich effektiv etwas bewirken kann und im Zweifel auch den internen Rückhalt spüre. Frei nach der Devise: „Ich sage, was ich denke und tue, was ich sage“.

finanzwelt: Anders gesagt, Sie haben Ecken und Kanten und verstecken das auch nicht. Rückgrat haben, Haltung zeigen, auch in schwierigen Situationen. Ist Ihnen das wichtig?
Müller» Absolut. Haltung und Rückgrat sind in der Geschäftswelt essenziell und eine gute Basis für nachhaltigen Erfolg. Insofern kommt ihnen eine wichtige Funktion zu. Denn nur wer Haltung zeigt und geradlinig in seiner Art ist, kann letztlich eine starke und glaubwürdige Reputation aufbauen.

finanzwelt: Jeder Akku muss aufgeladen werden. Wobei schalten Sie ab? Was gibt Ihnen Kraft?
Müller» Sport und meine Familie sind hier in erster Linie zu nennen. Das sind meine beiden Ruhepole. Nebenbei engagiere ich mich ehrenamtlich beim Mutwald-Projekt in Hilden. Das liegt mir sehr am Herzen. Kern ist, Lebensmut für lebensbedrohlich erkrankte Kinder in ihrer schweren Zeit zu schaffen und dadurch im besten Fall zu einer höheren Überlebenschance der Kinder beizutragen. Nach überstandener Krankheit tauschen sie sich in Gemeinschaft aus und haben ihren eigenen „Mutwald“. Ein Projekt, das mich Demut lehrt.

Mittlerweile ist es Mittag. Zeit für die nächste „Runde“. Beim Italiener bin ich verabredet mit Andrea Machost. Sie ist im Führungsgremium für den Privatkundenvertrieb, die Organisation, Finanzen und das Portfoliomanagement federführend zuständig. Ich weiß, dass sie insbesondere das Thema „Frauen und Finanzen“ umtreibt.