Haltung und Rückgrat sind in der Geschäftswelt essenziell

17.10.2024

Katrin Hammerich, Andrea Machost und Torsten Müller, der Vorstand der ÖKOWORLD AG / Foto: © finanzwelt / Sabrina Henkel

finanzwelt: Frau Machost, „Ach, du machst das schon“, habe ich neulich im Zusammenhang mit der privaten Altersvorsorge von Frauen gelesen. Finanzkompetenz wird immer noch öfters Männern zugetraut. Wie sehen Sie die Lage?
Andrea Machost» Sie ist zu komplex, um es kurz zu beantworten. Ich beschäftige mich seit Jahrzehnten mit diesem vielschichtigen Thema. Zwar gibt es Schritte in die richtige Richtung, d. h. Emanzipation in Sachen Geldanlage und Vorsorge, aber mitunter noch zu zaghaft. Früher erschienen Frauen meist als Begleitung zu entsprechenden Veranstaltungen und stellten auch so gut wie nie eine Frage. Das hat sich mittlerweile gewandelt. Frauen treten heute selbstbewusster und entschlossener auf. Aber an den Rahmenbedingungen zur ‚finanziellen Teilhabe‘ müssen wir gesamtgesellschaftlich weiter intensiv arbeiten. Oftmals verdienen Frauen weniger und können deshalb auch weniger für ihren eigenen Ruhestand sparen. Ein Teufelskreis.

finanzwelt: In der Tat. Stichwort: Altersarmut, niedrigere Gehälter, Teilzeitarbeit, traditionelle Rollenverteilung.
Machost» Umso mehr sollte die finanzielle Unabhängigkeit das oberste Ziel sein, das man haben sollte. Früher an später denken. Jeder möchte im Alter gerne reisen, sich Träume verwirklichen. Doch dazu bedarf es der Weitsicht. Schon heute reicht die gesetzliche Rente nicht mehr aus, auch für Vollzeitverdiener. Für Teilzeitarbeitende ist eine private Aufstockung daher umso wichtiger. Alles Argumente, die sich insbesondere Frauen immer wieder vor Augen führen müssen. Sich allein auf den Partner zu verlassen, ist mitunter ein großer Irrtum. finanzwelt: Und Eigenvorsorge fängt ja schon mit kleinen Beträgen an… Machost» Möglichkeiten mit geringerem Risiko und dennoch guter Rendite sind Fonds oder andere Vehikel. Mithilfe eines Sparplans lassen sich nach aktuellen Erfahrungswerten über Jahrzehnte durchschnittlich 7 % Rendite pro Jahr erzielen.

finanzwelt: Ist es auch ein Verständigungsproblem? Die Finanzmaterie ist bekanntlich dröge.
Machost» Finanzprodukte sind oftmals komplex, und die Sprache der Finanzprofis verunsichert den Laien. Anlegerinnen sollten sich deshalb nicht scheuen, nachzuhaken. Es ist bei diesem Thema sogar sehr wichtig, sich alles bis in Detail erklären zu lassen. Damit wären wir wieder beim Eingangsstatement, dass Selbstbewusstsein vonnöten ist.

finanzwelt: Stichwort Finanzbildung – sollte es bundesweit ein entsprechendes Pflichtfach „Wirtschaft“ geben?
Machost» Die Idee, Wirtschaft und Finanzen als eigenes Schulfach zu unterrichten, ist richtig. Hier könnten nötige Grundkenntnisse über die soziale Marktwirtschaft und auf Themen wie sichere Anlagen, Sparen oder Altersvorsorge eingegangen werden. Ein solides Grundwissen in Sachen Wirtschaft ist letztlich der beste Konsumenten- und Anlegerschutz, aber auch die beste Vorbereitung für ein späteres Leben als selbstbestimmte mündige Person, die reflektierte Entscheidungen trifft.

finanzwelt: Wie sind Sie eigentlich zum Thema Nachhaltigkeit gekommen?
Machost» Ich bin geprägt vom Leitgedanken des ressourcenschonenden Umgangs mit endlichen Ressourcen, die die Grundlage für die Erhaltung unseres Lebensstils und Wohlstands sind. Der sparsame und effiziente Einsatz von Ressourcen ist eines der zentralen Zukunftsthemen und eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Das beschäftigt mich seit langem und ist Triebfeder für mein tägliches Tun.

finanzwelt: Was kann der Einzelne tun?
Machost» Nachhaltigkeit fängt für mich im Kleinen an. Denken Sie beispielsweise an den Cleanup-Day. Eine weltweite Initiative, bei der Menschen zusammenkommen, um Umweltverschmutzung zu bekämpfen. Jeder kann mitmachen. Das sind Aktionen, an denen ich mich aktiv beteilige.

finanzwelt: Wie stehen Sie zu Themen wie Zivilcourage und Haltung zeigen?
Machost» Beides absolut wichtig. Zivilcourage erfordert Haltung, Werte, Verantwortungsbewusstsein und den Mut sich einzumischen. Man muss selbst aktiv werden, um Unrecht entgegenzutreten. Jeder kann hier seinen Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen. Nur so haben wir eine intakte Gesellschaft.

finanzwelt: Abseits des Interesses für ESG/Nachhaltigkeit, wofür schlägt Ihr Herz noch?
Machost» Ich lege gerne Hand an, wenn es beispielsweise um die Neugestaltung von Räumen geht. Ich gestalte gerne Räume farblich. Suche Möbel und Leuchten aus. Bringe Dekoration über Vorhänge und Accessoires an. Ich glaube, dass ich dafür ein gutes Gespür habe und zudem bereitet es viel Freude. Ein Ausgleich zum Daily Business. Nach einem Espresso geht es zurück zur Unternehmenszentrale der ÖKOWORLD. Das letzte Interview findet mit Katrin Hammerich statt, die als Vorständin die Ressorts Recht & Compliance, Personal, Investor Relations und Risikomanagement bekleidet.