Greta-Effekt in der Finanzberatung?
15.04.2020
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Bei der Vermögensbildung spielt das Thema zunehmend eine Rolle
Dabei lässt sich festhalten, dass es je nach Sparte aktuell noch deutliche Unterschiede beim Kundenverhalten in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit gibt. In der Baufinanzierung haben beispielsweise grüne Lösungen bisher kaum Relevanz. „Wenn es um die Finanzierung eines Immobilienkaufs geht, priorisieren Kreditnehmer die Passgenauigkeit und den Preis des Produkts vor dessen Nachhaltigkeit“, so der Vorstandsvorsitzende von Dr. Klein, Michael Neumann. Komplett anders die Situation in der Geldanlage: Hier spielen derartige Aspekte eine zunehmend größere Rolle. Aufgrund von MIFID 2, ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) und Taxonomie kommen im Investmentbereich verstärkt immer mehr Investmentfonds mit nachhaltigen Anlagegrundsätzen auf den Markt. „Dieser Trend wird sich in den nächsten 12 bis 24 Monaten noch weiter verstärken“, prognostiziert Gottfried Baer, Geschäftsführer der MehrWert GmbH. Bereits heute erreichte die Summe der Geldanlagen, die u. a. Umweltthemen wie Klimawandel und Ressourcenverknappung oder der Wertschätzung von sozialen Faktoren berücksichtigen, mit 219 Mrd. Euro einen neuen Höchststand, wie Daten des Marktberichts Nachhaltige Geldanlagen 2019 (Herausgeber Forum Nachhaltige Geldanlagen e. V. – FNG) zeigen. Diesbezüglich verzeichneten nachhaltige Fonds und Mandate ihr größtes Wachstum seit Beginn der Erhebung und legten um insgesamt 41 Mrd. Euro zu. Überdies werden grüne Investments aufgrund der EU-Bestimmungen weiter an Bedeutung gewinnen. „Im Anlagesegment wird das Thema aufgrund politischer Vorgaben für Berater eine Pflichtveranstaltung ab 2021 werden“, so Baer. Dies führt dazu, dass sich mehr Vermittler mit dem Schwerpunkt auf Geldanlage mit nachhaltigen Investmentprodukten auseinandersetzen sollten.
Laut einer aktuellen Zurich-Studie ist knapp die Hälfte der befragten Teilnehmer bereit, bei zukünftigen Geldanlagen zur Altersvorsorge Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen. Noch stellt das Gros der Marktteilnehmer für den Versicherungsbereich jedoch einen eher zaghaften Zuspruch vonseiten der Kunden nach grünen Produkten fest. „Die Nachfrage nach fondsgebundenen oder klassischen Rentenlösungen mit Nachhaltigkeitsansatz ist aktuell noch recht überschaubar. Anders ist die Situation bei Altersvorsorgeprodukten gegen Einmalbeitrag über einen Versicherungsmantel sowie direkte Anlage in entsprechende Fonds: Hier gibt es in den letzten Jahren einen leicht spürbaren Anstieg des Interesses nach diesen Produktlösungen. Auch im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge informieren sich mehr Firmenkunden als früher über nachhaltige bAV-Konzepte“, so Andreas Seidl, Abteilungsleiter Kompetenzcenter Personen/Vorsorge/Finanzen bei der vfm GmbH. Ergänzend hierzu nehmen nachhaltige Aspekte in der Sach- und Krankensparte sowie bei biometrischen Absicherungen noch relativ wenig Einfluss auf die Produktwahl ein. Nebst fehlender Kenntnis könnte auch das – noch – überschaubare Produktangebot Grund hierfür sein. Dies könnte sich alsbald ändern, haben doch einige Versicherer das Thema inzwischen verstärkt auf die Agenda gesetzt. Darüber hinaus präsentieren sich bereits heute einzelne Versicherer im Markt mit Angeboten, die ihren Kunden anbieten, die Beiträge ihrer Altersvorsorge in nachhaltige Investments anzulegen. Eine davon ist etwa die Pangea Life, die neben einer Investment-Rente auch eine nachhaltige Hausrat-, Haftpflicht-, Direkt- und Kfz-Versicherung im Portfolio hat. Einhergehend hierzu, schenken auch einige Berater dem Thema mehr Beachtung als in der Vergangenheit. „Es gibt Partner bei uns, die z. B. Blogs führen und das Thema immer mal wieder aufgreifen und Produkte mit ökologischen Vorteilen ins Rampenlicht stellen. Es ist auf jeden Fall eine gute Idee sich nach außen hin in mehreren Bereichen, so auch Nachhaltigkeit, als kompetenten Partner zu präsentieren“, so Koch. Fonds-Finanz-Geschäftsführer Porazik geht sogar noch einen Schritt weiter und ist der Meinung, dass Makler begreifen müssen, dass es sich „nicht um einen Trend, sondern einen wahren Paradigmenwechsel handelt, der unsere gesamte Lebens- und Arbeitswelt durchdringt. Demnach wird der Bedarf vonseiten der Kunden wachsen und Maklern vielzählige neue Möglichkeiten eröffnen.“
Ob sich für Vermittler eine Spezialisierung auf das Thema Nachhaltigkeit auszahlen kann, lesen Sie auf Seite 3