Geht die Lebensversicherung jetzt K.O.?
31.07.2018
Michael A. Hillenbrand, Vorstand Deutsche Verrechnungsstelle für Versicherungs- & Finanzdienstleistungen AG (dvvf) / Foto: © dvvf
Abschluss- und Vertriebskosten:
Eine beabsichtigte Folge des LVRG ist die Reduzierung der ausgeschütteten Provisionen. Interessant ist dabei (s. 17), dass Makler und Mehrfachvermittler bei den einhergehenden Kürzungen stärker beschnitten wurden (-7,21 %) als Ausschließlichkeitsvertreter (-2,89 %), obwohl Kostenrechnungen zeigen, dass die Ausschließlichkeitsorganisationen die teureren Vertriebswege darstellen, weil diese Vermittler über einen großen Apparat an Spezialisten und Vertriebsunterstützung verfügen, die die Versicherer teuer bezahlen.
Intensivierte Aufsicht im Evaluierungszeitraum:
Dieser Abschnitt (S. 19) ist ein Alarmsignal! 34 von 84 deutschen Lebensversicherern sind „…Unternehmen, bei denen sich aus der jährlichen Prognoserechnung ergibt, dass siemittel- bis langfristig finanzielle Schwierigkeiten haben könnten…"! Das sind über 40 %! Sie müssen halbjährliche Sachstandsberichte vom Unternehmen selbst, vom Abschlussprüfer und vom Aufsichtsrat, beim BaFin abliefern.
Zinszusatzreserve:
Der interessanteste Aspekt bei diesem Abschnitt (S. 20) ist die Tatsache, dass
a) Der durchschnittliche Garantiezins im Bestand 2,89 % beträgt und
b) die Versicherer aufgrund dieser Zinszusatzreserve nur eine Rendite von 2,05 %erwirtschaften müssen, um die Garantien zu erwirtschaften.
Das sollte auch in der aktuellen Marktsituation machbar sein, wenn die Versicherer ihr Kapitalanlage-Instrumentarium richtig ausschöpfen, auch wenn die BaFin davon nicht Langfristig überzeugt ist. Vielleicht machen ja die Effektivkosten (s. o.) hier einen Strich durch die Rechnung.
Höchstrechnungszins:
Auf Seite 22 des Berichtes wird erläutert, dass die Versicherer in Ihren Produkten nicht generell den Höchstrechnungszins von 0,9 % zugrunde legen. Wörtlich heißt es: „Die neuen Tarife beinhalten im Durchschnitt niedrigere Garantien." Die gewährten Garantiezinsen liegen also häufig unter 0,9 % (vgl. auch Garantiezins).
Run-off:
Auf Seite 23 erfahren Sie, dass sich gegenwärtig sechs Lebensversicherer im externen Run-off befinden. In 5 Fällen wurde das Unternehmen an einen neuen Inhaber verkauft, in einem der Bestand an einen anderen Lebensversicherer übertragen.
Drei weitere Versicherer haben erklärt einen Run-off durchzuführen. 9 von 84 Versicherer, das sind bereits 10 % der deutschen Lebensversicherer. Allerdings halten die erstgenannten 6 Gesellschaften weniger als 3 % Marktanteil. Da der Bericht bereits im Juni veröffentlicht wurde, ist die Generali, die nun Mitte Juli über den Verkauf ihrer Tochter Generali Leben informiert hat, wohl zu den letztgenannten drei Gesellschaften zu addieren.
Da die Generali 2016 einen Marktanteil von 3,66 % hält, wird sich der Marktanteil der im Run-off befindlichen Unternehmen nur auf unter 7 % erhöhen. Interessant ist dabei die Frage, wie die Generali künftig mit der Tochter Aachener und Münchener Leben verfährt, die für sich einen Marktanteil von 5,68 % verbuchen kann.
Um die Interessen der Kunden zu sichern, verfügt die BaFin über umfassende Befugnisse. Ob die langfristig ausreichen wird man sehen.
Kritisch sieht dies Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV):
"Wir befürchten, dass das neue Unternehmen alle Möglichkeiten und Tricks ausschöpfen wird, um die Kundinnen und Kunden möglichst schlecht mit Überschüssen zu bedienen"…
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