Ganz vorn dabei
29.05.2014
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Der deutsche Aktienindex DAX hat die 10.000 Punkte im Visier. Fast mühelos und ohne große Rücksetzer klettern die Kurse unentwegt nach oben und das schon seit drei Jahren. Allein seit Beginn dieses Jahres haben die Kurse um 4 % zugelegt (nach plus 23 % im vorigen Jahr). Die Grundstimmung bleibt tendenziell positiv und (deutsche) Aktien auch 2014 auf der Gewinnerspur.
Aktien sind, trotz der Rallye in der Vergangenheit, ein Muss für jeden Berater auf der Suche nach langfristig orientierten Anlagemöglichkeiten. Dabei spielt es auch nur vordergründig eine Rolle, ob der DAX eine charttechnisch wichtige Hürde wie beispielsweise die 10.000 Punkte nachhaltig überwindet. Der langfristige Aufwärtstrend seit Frühsommer 2011 ist weiter intakt.
Kurzfristig ist eine „technische Reaktion" des Aktienmarkts fällig. Der Markt ist schon gut warmgelaufen. Die Kurse könnten danach wieder Niveaus erreichen, die manchem jetzt an der Seitenlinie stehenden Vermittler als attraktiv erscheinen, der die jetzigen Stände für zu hoch hält. Längerfristig stellt sich die Frage, wie lange sich die Aktien überhaupt an einem Stück erhöhen können und ob die andauernde Hausse an den Aktienmärkten fundamental gerechtfertigt ist. Dabei ist Voraussetzung, dass auch die Realwirtschaft mitspielt. Kurssteigerungen müssen durch steigende Wertschöpfung der Unternehmen gespeist werden. Das war in den letzten 20 Jahren der Fall. In der jüngeren Vergangenheit gehen die Aktienkurse weiter nach oben, obwohl sich die Wirtschaft nur leicht erholt hat. Die Deutsche Bank ist optimistisch für das Jahr 2014. Die deutsche Industrie bleibe auf Kurs Richtung
4 % Produktionswachstum. Dies ließe sich an den Auftrags- und Produktionszahlen für das 1. Quartal ablesen. „Der DAX zeigt bislang eine enorme Stärke, wenngleich das Jahr 2014 zunächst mit einer volatilen Konsolidierung beginnt. Meines Erachtens sind die Aktien als Anlagealternative trotz des bisherigen Anstiegs ein Investment, an dem man nicht vorbeikommt", sagt Uwe Eilers, Vorstand der Geneon Vermögensmanagement AG. Grundsätzlich optimistisch gestimmt bezüglich der weiteren Entwicklung des Deutschen Aktienindex zeigt sich auch Mirko Kohlbrecher, Prokurist der Spiekermann & CO AG: „Der DAX ist aktuell bei ca. 9.300 Punkten fair bewertet. Der DAX von 2000 ist eben nicht mit dem DAX von heute zu vergleichen und somit nicht überbewertet wie damals. Die Gewinne haben heute ein ganz anderes Niveau. Gleichwohl ist die Luft für einige DAX-Aktien zumindest kurz- bis mittelfristig etwas dünner, auch weil ein unvermeidbarer Rückgang des Wirtschaftswachstums in China noch nicht durchgehend eingepreist ist, wie z. B. bei den Autotiteln."
Die steigenden Kurse sind in erster Linie Folge der expansiven Geldpolitik, die weiter betrieben wird. Berater, die eine Aufstockung der Aktienquote in den Kundenportfolios erwägen, sollten aber genauer hinschauen und nicht wahllos in diese Assetklasse gehen. Stock Picking wird in Zeiten der Höchststände beim DAX immer wichtiger. Als die Schuldenkrise in der Eurozone 2011/ 2012 ihren Höhepunkte erreichte, war es völlig gleichgültig, in welche europäischen oder deutsche Titel man investiert hatte, alle Aktien wurden wahllos abgestoßen. In den vergangenen zwei Jahren kletterten viele Kurse und Aktien galten als alternativlos. Auch wenn nach wie vor ein Mangel an rentablen Anlagemöglichkeiten besteht (Niedrigzinsniveau macht Staatsanleihen bester Bonität unattraktiv), so ist das Selektieren nach Under-Performern im Aktiensegment nötig. Dividendenstarke Titel oder Werte defensiver Sektoren wie Pharma und Telekommunikation waren zuletzt sehr gefragt. „In den letzten Jahren war Stock Picking aus unserer Sicht nicht so wichtig, da die Börsen zum großen Teil auch durch Liquiditäts-Phantasie getrieben waren – und die Flut hebt bekanntlich alle Boote. Lediglich in Stressphasen konnten die konjunkturunabhängigen Dividendenzahler eine bessere Wertentwicklung erzielen. Diese Werte sind nur aber relativ teuer geworden, so dass es durchaus Sinn macht, bei Erwartung eines Weltwirtschaftswachstums von rund 3,5 % eher auf zyklische Werte zu setzen bzw. im Index-Universum eher den DAX zu bevorzugen", fasst Daniel Zindstein, Leiter Portfoliomanagement German Capital Management AG, die momentane Situation zusammen. Hinzu kommt, dass sich die Aktienmärkte weltweit recht stark in ihrer Bewertung unterscheiden, was ein selektives Vorgehen fordert.
Einen weiteren Schub könnte der (deutsche) Aktienmarkt zumindest kurzfristig durch eine weitere Zinssenkung der EZB erfahren. Negative Realzinsen sind für die Kunden nicht tragbar und unterstützen den Trend, verstärkt in Aktien zu gehen. Zum Jahresbeginn haben die 10-jährigen Bundesanleihen noch mit 1,94 % rentiert – aktuell sind es etwa 25 % weniger und das in gerade einmal vier Monaten. Die im DAX gelisteten Unternehmen weisen zum Vergleich aktuell eine durchschnittliche Dividendenrendite von 2,8 % auf, was deutlich über der Rendite 10-jähriger Bundesanleihen liegt. Insofern ist es erforderlich, im Depot eine Risikostreuung vorzunehmen, zumal es im Anleihensegment wenig Ertragreiches gibt. „Staatsanleihen aus den Emerging Markets bieten mittlerweile eine höhere Verzinsung wie Papiere aus der europäischen Peripherie", fügt Andreas Müller, Vorstand Performance IMC Vermögensverwaltung, an. Mit Aktien profitiert man aber letztlich von der positiven Entwicklung und der Wertschöpfung der Wirtschaft. Werthaltige Titel und überzeugende Aktienfonds sind Basis eines langfristig aufgestellten Portfolios.
Möglicherweise erreicht der Index bald eine neue historische Rekordmarke. Natürlich trauen sich wegen der insgesamt sehr reifen Rallye momentan nur wenige in den Markt, viele warten ab, zumal sich der DAX seit September 2011 fast verdoppelt hat. Wenn neue Impulse versprüht werden, steigt man wieder in den Markt ein. Der Nährboden hierfür wäre ein kräftiger Wirtschaftsschub.
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Fazit**
Der positive Aktientrend wird aller Voraussicht nach auch mittelfristig anhalten. Die expansive Geldpolitik treibt Anleger aus Alternativlosigkeit in diese Assetklasse, hinzukommen durchwachsende bis leicht positive Konjunkturzahlen. Deutschland ist hier wieder einmal die Konjunkturlokomotive. Der Einfluss der Wahlen in Europa und Ukraine auf die Aktienmärkte ist minimal, zumal politische Börsen kurze Beine haben. Es ist zwar ein Risiko, Aktien zu besitzen; es ist aber derzeit ein noch viel größeres Risiko, keine Aktien zu besitzen. (ah)