„Für Handwerker fordert auch niemand einen Lohndeckel“
11.04.2019
Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM-Verbandes / Foto: © VOTUM
Auf noch mehr Unverständnis stößt beim VOTUM-Verband die Tatsache, dass einerseits im Rahmen der LVRG-Evaluierung festgestellt wurde, dass die Abschlussprovisionen sinken, andererseits aber behauptet wird, dass die Deckelung notwendig sei, um vermeintlich drohenden „exzessiv hohen Abschlussprovisionen und Vergütungen“ entgegenzuwirken. „Hier zeigt sich, wie leichtfertig im Gesetzesentwurf Behauptungen und Mutmaßungen zur Begründung angeführt werden“, stellt Martin Klein kritisch fest. So würden offenbar weder der BaFin noch dem Finanzministerium konkrete Zahlen über die Vergütung der Versicherungsvermittler vorliegen, die auf überhöhte, den Verbraucher schädigende Einnahmen schließen lassen würden. Der Gesetzentwurf bemühe sich an keiner Stelle, die aus den Provisionseinnahmen resultierende Einkommenssituation und deren Stundensatz zu ermitteln. „Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, wie man ohne solche Basisarbeit zu dem Ergebnis gelangen kann, dass eine Vergütung überhöht sei oder die Gefahr „exzessiver Vergütungen“ droht“, so der VOTUM-Verband. Nur wenn man sich bemühe, den der Vergütung gegenüberstehenden Aufwand zu evaluieren, könne man überhaupt beurteilen, ob Leistung und Gegenleistung in einem unzumutbaren Missverhältnis stehen würden. „Wie kommt man zu einer solchen Einschätzung, ohne einen solchen Abgleich?“ fragt sich der mit dem Gesetzgebungsverfahren vertraute Jurist Klein. Er stellt fest: „Es gibt bei der Vermittlung von Lebensversicherungen keine existierenden Fehlentwicklungen, denen entgegengewirkt werden müsste. Der massive Grundrechtseingriff wird hier also im Rahmen einer unbegründeten und übermäßigen Prophylaxe vorgenommen.“
Zudem sei es unangebracht, die Vermittlung von Altersvorsorgeprodukten wie Lebens- und Rentenversicherungen gemeinsam mit der Restschuldverschreibung zu regulieren. „Wenn das in diesen Bereich gezeigte Marktverhalten der Banken kritisch ist, sollte die BaFin endlich handeln, anstatt nach dem Gesetzgeber zu rufen“, so der VOTUM-Verband. Weder Versicherungsvertreter noch -makler bieten diese Produkte an.
Missachtung der Rechtsgutachten
Der Verband kritisiert zudem, dass der Gesetzentwurf nur oberflächlich auf die verfassungs- und europarechtlichen Bedenken eingehe, die im Februar in einem Rechtsgutachten aufgeworfen wurden (finanzwelt berichtete). So heißt es im Entwurf: „Auch wenn die Deckelung von Abschlussprovisionen unterschiedliche Berufsgruppen betrifft, ist entscheidend, dass die jeweils betroffenen Berufsgruppen wesentlich gleiche Leistungen im Rahmen des Abschlusses von Lebensversicherungen erbringen und daher insoweit auch gleich behandelt werden. Im Übrigen weist die Deckelung von Abschlussprovisionen keinen starken personalen Bezug auf, sondern ist eher der allgemeinen Wirtschaftslenkung zuzuordnen. In diesem Bereich verfügt der Gesetzgeber grundsätzlich über eine besonders weite Gestaltungsbefugnis.“ Klein stellt fest, dass eine offensichtliche Tatsache bei dieser Argumentation gänzlich übersehen wird. Er führt aus: „Wenn der gleiche Deckel für Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler gilt und damit beiden, bei guter Qualität ihrer Tätigkeit, eine Provision von bis zu 4,0 % gewährt werden kann, das Versicherungsunternehmen dem Vertreter aber unabhängig von seiner Vermittlungsleistung kostenfrei ein Büro inkl. notwendiger Betriebsmittel wie Mitarbeiter, EDV, Kommunikation etc. bis hin zum Dienstwagen zur Verfügung stellen kann, dann trifft ein solcher Deckel den Makler ungleich stärker, da er aus seinen Provisionserlösen diesen Aufwand selbst finanzieren muss.“ Deshalb fragt man sich beim VOTUM-Verband, ob das Finanzministerium vor dieser Tatsache die Augen verschlossen habe.
Eingriff in Kunden/ Makler-Verhältnis
Laut Gesetzentwurf sollen Provisionszahlungen in Zukunft davon abhängig gemacht werden, dass der Vermittler seine gesetzliche Beratungspflichten erfüllt (finanzwelt berichtete). Für den VOTUM-Verband ist es gänzlich inakzeptabel, dass den Produktanbietern damit eine Aufsichts- und Kontrollposition über den Versicherungsmakler und deren Beratungsleistung zugeschoben werde. „Für eine solche ordnungspolitische Maßnahme, die in das für den Versicherer nicht zugängliche Vertragsverhältnis Kunde/Makler eingreift, gibt es keine Regulierungsermächtigung. Diese kann auch nicht im VAG geschaffen werden“, so der Verband, der hofft, dass der Gesetzentwurf nur ein Entwurf bleibt. „Ein solcher untauglicher Entwurf darf im gesetzgeberischen Verfahren keine Chance auf Umsetzung haben. Die Fachpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben hierzu bereits eindeutig Position bezogen. Kein Parlamentarier, der die freie und soziale Marktwirtschaft als einen der Grundpfeiler unserer Demokratie erachtet, kann einem solchem Gesetzentwurf seine Zustimmung erteilen.“ (ahu)