Fünf Gründe, warum vermietete Wohnimmobilien weniger wert sind als leerstehende

06.07.2021

Dr. Henryk Seeger, Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft / Foto: © GNIW

3. Die Berechnung der Finanzierung basiert immer auf der Ist-Miete

Auch die Berechnung der Finanzierung erfolgt bei vermieteten Immobilien anders, nämlich von hinten aufgerollt. Eine leerstehende Wohnimmobilie wird nach aktuellen Angebotspreisen bewertet, dabei gelten ganz andere Miethöhen. Das ist vor allem für Kreditinstitute wie Banken, Sparkassen und Versicherungen das maßgebliche Kriterium zur Berechnung des Finanzierungskredites. Vermietete Wohnungen werfen im Vergleich dazu in der Regel geringere Nettokaltmieten ab, was sich negativ auf die Mietrendite und folglich auf die Absicherung des Kredites auswirkt. Dabei gilt stets der Grundsatz: Mietsteigerungspotenziale ebenso wie zukünftige Einkommenssteigerungen der Käufer werden von Banken grundsätzlich nicht berücksichtigt. Für sie sind die Einnahmen und Ausgaben zum Zeitpunkt des Erwerbs entscheidend. Die Folge: Der Immobilienmarkt unterscheidet zwischen leerstehenden und vermieteten Wohnungen, wobei vermietete Wohnungen mit Preisabschlägen gehandelt werden.

4. Regulierungen haben den Markt nervös gemacht

Vor diesem Hintergrund haben die verschärften Regulierungen rund um den Mietwohnungsmarkt der vergangenen Jahre die Sorgen der Finanzierer und Käufer erhöht. Allein der Berliner Mietendeckel hat, obwohl am Ende vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, dazu geführt, dass vermietete Wohnimmobilien deutliche Preisabschläge erfahren mussten. Das war nicht anders zu erwarten, weil mit dem Mietendeckel Mietobergrenzen eingeführt wurden und überhöhte Mieten gesenkt werden mussten. Auch wenn das Berliner Gesetz aktuell nicht mehr gültig ist, bleibt bei einem Blick auf die zunehmende Regulatorik am Mietwohnungsmarkt deutlich, was uns in den kommenden Jahren erwartet. Es werden weitere Maßnahmen zum Mieterschutz und zugleich Mietsteigerungsgrenzen eingeführt werden. Für vermietete Wohnungen werden sich diese ausgeweiteten Mieterrechte negativ auf die Beleihungswerte und damit auf die potenziellen Verkaufspreise auswirken.

5. Abstandszahlungen an Mieter steigen rasant

Wenn Vermieter aber doch wollen, dass ihre Mieter ausziehen, werden Abstandszahlungen fällig. In manchen Städten sind inzwischen Auszugsprämien von 500 bis 1.000 Euro je Quadratmeter an der Tagesordnung. Wer also eine Wohnung mit 100 Quadratmetern sein Eigen nennt und den Mieter zum Auszug bewegen möchte, muss mit zusätzlichen Kosten zwischen 50.000 und 100.000 Euro rechnen, Tendenz weiter steigend. Banken indes können solche Zahlungen in der Regel nicht finanzieren, so dass auf der einen Seite eine Investition in eine vermietete Wohnimmobilie nur etwas für Gutbetuchte ist und auf der anderen Seite durchschnittliche Käufer noch vorsichtiger sein müssen beim Erwerb vermieteter Wohnungen. Beides wirkt sich abermals negativ auf die Preisen aus, die potenzielle Käufer vermieteter Wohnimmobilien zu zahlen bereit sind.

Gastbeitrag von Dr. Henryk Seeger, Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft