Flucht in Aktien!

07.11.2017

Daniel Zindstein / Foto: © Zindstein Vermögensverwaltung GmbH

Inflation und Handlungsspielraum für die Zukunft

Aktuell liegt die weltweite Inflationsrate bei 3,0%. Das heißt, das globale Geldsystem wird jährlich um 3,0% „entwertet“! Da die Rohstoffpreise mehr oder weniger seit 20 Monaten ansteigen, finden inflationäre Tendenzen natürlich vorwiegend in den rohstoffproduzierenden Ländern (Südamerika) statt. Aber auch in boomenden Ländern Osteuropas ist überdurchschnittliche Inflation zu messen. Die oben genannten großen Notenbanken konnten bisher jedoch sehr gelassen ihren expansiven Kurs beibehalten, da die Inflation (USA rd. 2%, Europa rd. 1,5%) überschaubar blieb. Nichtsdestotrotz könnten bei weiter steigenden Rohstoffpreisen (v.a. Öl), durchaus mindestens kurzfristige Inflationsspitzen möglich sein.

Hilfreich ist die nach wie vor globale Arbeitsteilung, die Digitalisierung, das Internet sowie die alternden Gesellschaften, welche allesamt inflationsdämpfend wirken. Doch nicht nur die Inflation könnte eine Gefahr sein. Auch der mangelnde Handlungsspielraum in der Reaktion auf zukünftige Krisen ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko.

Man stelle sich vor: Die Konjunktur boomt, Arbeitslosenraten sind auf dem Rückzug und die Inflationsraten sind vor dem Hintergrund der strategischen Inflationsbremser relativ hoch. In einer solchen Zeit ist beispielsweise die EZB nicht in der Lage einen Ausweg aus der Krisen-Geldpolitik aufzuzeigen!? Im Gegenteil, die Gelddruck-Politik wird auch größtenteils für 2018 garantiert und Zinserhöhungen ausgeschlossen, egal was passiert! Was macht sie denn, so fragt man sich, wenn es 2018 Krisenszenarien auf der Welt gibt? Kauft sie dann Aktien, Immobilien? Investiert sie in Straßen, Infrastruktur und Energie? Stellt sie jedem Bürger einen Scheck über 1.000 Euro aus? Schenkt sie jedem Unternehmen 50.000 Euro? Es gibt nichts, was in der neuen Zentralbankwelt nicht mehr denkbar ist. Es ist jedoch kein Volkswirtschafts-Studium notwendig, um zu erkennen, dass es hier nicht mehr um freie Märkte und vernünftige Preisfindungen geht, sondern um Planwirtschaft und Autokratie (immerhin ist die demokratische Legitimierung der EZB mindestens kritisch zu hinterfragen). Und glaubt wirklich jemand, dass es in Zukunft keine Krisen mehr geben wird?

Anleihen, Immobilien, Aktien

Staatsanleihen sind schon seit Jahren historisch teuer. Man hat sich schon fast daran gewöhnt. Wichtig ist jedoch, sich das immer wieder vor Augen zu führen: Die Märkte sind zum Beispiel bereit, dem italienischen Staat 10 Jahre lang Geld zu leihen für lediglich 1,76% Zinsen. Glaubt wirklich einer, dass dort die nächsten Jahre keine Krise aufpoppt? Dem deutschen Staat wird 10 Jahre Geld geliehen für 0,34% Zins - man bedenke, dass allein die Inflationsrate hierzulande bei über 1,5% liegt… Für 5-jährige und 2-jährige Laufzeiten akzeptiert man Negativrenditen von -0,36% und -0,76%. Auch hier ist die Inflation noch zusätzlich abzuziehen. Auch gute Unternehmen bekommen das Geld von den Märkten geschenkt. Selbst Unternehmen mit schlechten Bonitäten (Junk Bonds oder High Yields) müssen im Schnitt nur rund 2% Zinsen bezahlen. Glaubt wirklich einer, dass es hier keine Zahlungsausfälle in der nächsten Konjunkturschwäche gibt? Manche Staaten fühlen sich sogar gedrängt, diese paradiesischen Zeiten für´s Schuldenmachen zu nutzen und legen Anleihen mit 100-jähriger Laufzeit auf und müssen dafür nur 2% (Österreich) bzw. 9,7% (Argentinien) Zinsen bezahlen. Man bedenke, Argentinien war in den letzten 100 Jahren 8-Mal (!) pleite. Was in Österreich im letzten Jahrhundert passiert ist, weiß jeder selbst. Die Märkte sehen nahezu kein Risiko über nächsten Jahre…!

Klassische Bewertungskennzahlen, wie z.B. das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) lassen sich bei deutschen Staatsanleihen größtenteils gar nicht mehr berechnen, da gar kein positiver Gewinn (Zins) entsteht! Bei den 10-jährigen läge das KGV bei wahnsinnigen 294. Das bedeutet, man müsste 294 Jahre lang in 10-jährige deutsche Staatsanleihen investieren, damit sich die Anlage über den Zins zurückbezahlt.

Auch bei Immobilien in guten Lagen, wie bei uns in Oberschwaben, sind positive Mietrenditen nur theoretischer Natur. Rechnet man die extrem hohen Kaufpreise mit allen Nebenkosten zusammen, so müssen die Zinsen wirklich über 30 Jahre auf aktuellem Niveau verbleiben, um positive Mietrenditen zu erzielen (keine Mietausfälle vorausgesetzt). Sollte das Zinsniveau jedoch bis zur nächsten Refinanzierung um 1% ansteigen, würden bei Vollfinanzierungen zweistellige Abschreibungen fällig werden. Nehmen wir trotzdem bei einem Idealszenario einmal 2% Mietrendite an (ohne Berücksichtigung der Instandsetzung, der Inflation und der Arbeitszeit des Vermieters), so ergäbe sich ein KGV von 50! D.h. erst in 50 Jahren hätte sich das Investment – wohlgemerkt in einem Positiv-Szenario – über die Miete zurückgezahlt!

Kommen wir zu den Aktien. Im Vergleich zu den vorgenannten Anlageformen sind die Aktienmärkte zwar als teuer, jedoch noch nicht als extrem teuer zu bezeichnen. Mit einem KGV von 20 (USA) und 14 (deutscher Aktienindex) zahlen sich diese Investments bereits in ein bis zwei Jahrzehnten zurück. Auch gab es in der Vergangenheit bereits höhere KGV-Niveaus zu verzeichnen. Man könnte also meinen, dass mit der guten Konjunktur und den weggefallenen politischen Risiken in der Eurozone der Weg steigender Kurse weiter vorgezeichnet scheint. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist auch gar nicht so gering. Jedoch wird aus unserer Sicht aktuell sehr vieles durch die rosarote Brille betrachtet und ein Blick auf die Risiken lohnt.

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