Finanzprodukte werden nicht gekauft, sondern verkauft

11.02.2019

finanzwelt: Sie sprachen die Überalterung in unserer Branche an. Wie sieht es hiermit aus und was wollen Sie dagegen tun? Schwalb: Anhand aktueller Zahlen kann man sehr gut prognostizieren, dass sich in den nächsten Jahren wohl viele Marktteilnehmer vom Markt aus Altersgründen verabschieden werden. Die Folge wären stark fallende Bestandspreise und damit die Vernichtung von Vermögenswerten zahlreicher Finanzberater. Unzählige Kunden würden einen vertrauten Ansprechpartner verlieren. Gegen diese Entwicklung wollen wir etwas tun. Wir wollen unserem finanz- und auch einen sozialpolitischen Auftrag gerecht werden. Finanzberater tragen eine hohe Verantwortung: Sie begleiten Kunden in Finanz- und Versicherungsfragen oft ein Leben lang. Mit ihrer Expertise und ihren Empfehlungen sichern sie Existenzen und bauen Vermögenswerte für die Gesellschaft auf. Auf diese Weise leisten sie einen wichtigen Beitrag für den Fortbestand der freien, sozialen Marktwirtschaft und unserer gesellschaftlichen Ordnung. Die Finanzberatung ist nicht nur deshalb eine der wichtigsten Zukunftsbranchen unserer Zeit. Es geht darum, die vorhandenen Versorgungssysteme auch für die nächsten Generationen zu sichern. Denn Finanzprodukte werden auch in Zukunft überwiegend nicht gekauft, sondern müssen aktiv verkauft werden. Man hat sozusagen einen Bildungsauftrag und muss den Leuten erklären: Worum geht es? Wozu brauche ich diese Absicherung? Welche ist nötig und welche passt zu mir und meinen Zielen am besten? Das können nur Finanzberater und damit das auch in Zukunft so ist, müssen wir erstens unser Image verbessern und zweitens das Interesse für unseren Job in der Öffentlichkeit wieder steigern. Wir müssen die Menschen wieder erreichen mit unserer Botschaft.

finanzwelt: Warum bleibt der Nachwuchs denn aus? Nur wegen des negativen Images? Schwalb: Nein, sicher nicht nur deshalb. Aber eben zu einem großen Teil. Das Problem ist: Banken und Versicherungen reduzieren seit Jahren die Zahl ihrer Auszubildenden, weil die Geschäftsmodelle sich massiv verändern. Die Mitarbeiter, die den Umstrukturierungen zum Opfer fallen, kehren dem Finanzmarkt überwiegend gänzlich den Rücken. Wir verlieren damit jährlich tausende Fachkräfte, die so nötig gebraucht werden. Früher wurde das durch Quereinsteiger gelöst, das ist heute eigentlich nicht mehr möglich. Die Zulassungsvoraussetzungen für den Markt sind inzwischen sehr hoch. Noch ist genügend Zeit: Wenn wir von einem Durchschnittsalter von 53 Jahren in der Beraterschar ausgehen, können wir die Zukunft jetzt noch aktiv gestalten. Die Lücke zwischen Jung und Alt lässt sich gut überbrücken und Erfahrungswerte könnten somit weitergegeben und gesichert werden.

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