FERI-Experten mit gemischtem Blick in die Zukunft
25.04.2018
Björn Conrad, Geschäftsführer Sinolytics GmbH, bei seinem Vortrag auf dem FERI Konjunktursymposium / Foto: © 31. Konjunktursymposium FERI, Bad Homburg
China und USA können kein Interesse an einem Handelskrieg haben
Laut den FERI-Experten ist der wachsende Protektionismus nicht alleine die Schuld Donald Trumps. So seien solche Tendenzen schon in Jahren zu beobachten gewesen, als eine Präsidentschaft Trumps noch nicht zur Debatte stand. Der wirtschaftliche und politische Aufstieg Chinas würde zu einer steigenden Rivalität mit den USA führen, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter anhalten werde. Deshalb sei nicht davon auszugehen, dass es in absehbarer Zeit eine grundsätzliche und tragfähige Lösung von Handelsstreitigkeiten geben werde. Ein wesentliches Problem sei, dass die USA für China der mit Abstand wichtigste Exportmarkt seien und die Regierung in Peking deshalb gegenüber den USA eine vergleichsweise schlechte Verhandlungsposition habe. Zwar werde China grundsätzlich Verhandlungen anstreben, dabei jedoch auch Zugeständnisse machen müssen, um einen Handelskrieg zu vermeiden. Jedoch sei die amerikanische Wirtschaft stark von Importen aus dem „Reich der Mitte“ abhängig, weshalb auch Washington kein Interesse an einem offenen Handelskrieg haben könne. Aufgrund der amerikanisch-chinesischen Rivalität könne der Welthandel in den nächsten Jahren zwar geschwächt werden, er werde aber nicht grundsätzlich beeinträchtigt. Da das Thema Protektionismus allerdings langfristig eine hohe Relevanz habe, könne die Dynamik der Globalisierung dementsprechend weiter abnehmen.
Deutschland mit Sonderstellung
Da in Deutschland der Aufschwung bereits lange läuft und das gesamtwirtschaftliche Produktionspotenzial zunehmend ausgelastet sei, besitze Deutschland innerhalb der Währungsunion eine Sonderstellung. Die FERI-Experten weisen darauf hin, dass die Bundesrepublik hinsichtlich der Wachstumsdynamik aktuell nicht mehr an der Spitze der europäischen Länder liege. Das ist aber auch eine Folge der seit Jahren guten wirtschaftlichen Situation in Deutschland: Die Bundesrepublik ist wirtschaftlich so weit entwickelt, dass das relative Wachstum viel geringer ausfällt als in anderen europäischen Staaten, die von einem ganz anderen wirtschaftlichen Niveau kommen. Laut den FERI-Experten werden die Abschwächung der amerikanischen Konjunktur und die rückläufigen Wachstumsraten in China die deutsche Wirtschaft stärker treffen als die anderen europäischen Länder. Jedoch werde, anders als in früheren Zyklen, der negative außenwirtschaftliche Impuls durch eine stärkere Binnennachfrage abgefedert. Die Bauwirtschaft, der Einzelhandel und viele Dienstleistungsbranchen würden wesentlich zur gesamtwirtschaftlichen Dynamik der Expansion beitragen. Diese könne sich angesichts der positiven Lage auf dem Arbeitsmarkt und steigender Löhne noch eine Weile fortsetzen. Auch wenn die Wachstumsdynamik in den kommenden Jahren auch in Deutschland zurückgehen werde, erwarten die FERI-Experten vorerst keinen deutlichen konjunkturellen Einbruch.
China als neue technologische Supermacht
Detaillierte Einblicke in die Entwicklung Chinas zur neuen technologischen Supermacht gab Björn Conrad, Geschäftsführer der aus dem Merics-Institut hervorgegangenen Sinolytics GmbH, in einem rege diskutierten Vortrag. „Die digitale Transformation vollzieht sich in China unglaublich schnell. Das liegt zum einen daran, dass chinesische Unternehmen grundsätzlich anwendungsorientiert an Innovationen herangehen, etwa bei der Digitalisierung in der Autoindustrie. Zum anderen nutzt die chinesische Führung die Digitalisierung und Big Data als zentrales Instrument zur Steuerung der Wirtschaft und investiert entsprechend viel Geld in diesen Sektor. Das befeuert die Entwicklung zusätzlich“, sagte Conrad. (ahu)