Falschberatung des Anscheinsmaklers bei Vermittlung einer Grundfähigkeitsversicherung
08.05.2024
Rechtsanwalt Jens Reichow. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Das OLG Dresden hatte mit seinem Urteil vom 07.11.2023 (Az: 4 U 54/23) zu entscheiden, ob eine Falschberatung des Anscheinsmaklers bei Abschluss einer Grundfähigkeitsversicherung und anschließender Kündigung einer Berufsunfähigkeitsversicherung besteht.
Wechsel von der Berufsunfähigkeitsversicherung zur Grundfähigkeitsversicherung
Der Versicherungsnehmer unterhielt zunächst eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Er begab sich sodann in die Beratung durch einen Finanzvermittlungsdienst, der als Mehrfachagent für verschiedene Versicherer tätig war. Dieser beriet den Versicherungsnehmer bezüglich der Umdeckung der Versicherungsverträge. Schlussendlich schloss der Versicherungsnehmer eine neue Grundfähigkeitsversicherung ab und kündigte anschließend die bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung.
Bei Abschluss der Grundfähigkeitsversicherung nahm der Versicherer nach Angabe einer Atemwegserkrankung eine Ausschlussklausel für bestimmte Risiken im Bereich der Atemwegserkrankungen in den Versicherungsvertrag auf. Eine solche Klausel war in der vorherigen Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vereinbart gewesen. Daraufhin machte der Versicherungsnehmer Schadensersatzansprüche gegen den Finanzvermittler und den neuen Versicherer aufgrund einer Beratungspflichtverletzung vor dem Landgericht Leipzig geltend. Das Landgericht Leipzig gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Finanzvermittlers und des neuen Versicherers vor dem Oberlandesgericht Dresden.
OLG Dresden bestätigt Verurteilung des Anscheinsmaklers
Das Oberlandesgericht Dresden folgte der Entscheidung des Landgerichts Leipzig und bejahte einen Schadensersatzanspruch wegen einer Falschberatung. Dieser Anspruch ergäbe sich aus einer Falschberatung des Anscheinsmaklers. Der neue Versicherer könne hingegen nicht haftbar gemacht werden.
Kein Anspruch wegen Verletzung des Dokumentationserfordernisses?
Ein Schadenersatzanspruch ergebe sich aber nicht aus einer Verletzung des Dokumentationserfordernisses nach § 62 VVG, da eine Verletzung der Dokumentationspflicht lediglich zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Versicherungsnehmers führe. Eine Haftung bestehe aber aufgrund einer Falschberatung des Anscheinsmaklers bei Anbahnung eines Versicherungsvertrags.
Haftung als Anscheinsmakler
Zunächst stellte das Oberlandesgericht Dresden fest, dass aufgrund der Gesamtumstände anzunehmen sei, dass zwischen den Beteiligten ein Versicherungsmaklervertrag abgeschlossen wurde. Der Finanzvermittler sei danach trotz seiner Stellung als Mehrfachagent als Anscheinsmakler aufgetreten.