"Es darf keine Insolvenzen 1. und 2. Klasse geben"

09.10.2019

RA Martin Zeil, Bayerischer Staatsminister a.D. Kanzlei SLB Kloepper, München, auf der ZInsO-Praktikertagung / Foto: © Ralph Veil

Ein Thema aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet

Nachdem auf der Veranstaltung bislang ausschließlich Einzelredner zu Wort kamen, beleuchteten die beiden Rechtsanwälte Hendrik Wolfer und Dr. Andreas Weitzell in einem abwechslungsreichen Duo-Vortrag jeweils Haftungsfragen von der zivilrechtlichen und der strafrechtlichen Seite. Eine sehr interessante Diskussion entstand dabei zum Thema Wash-Sale, bei dem ein Gesellschafter seine Anteile an sich selbst oder zu einem hohen Preis verkauft, um gegenüber anderen eine hohe Werthaltigkeit vorzutäuschen. Für Weitzell ist das strafrechtlich relevant und könne sogar den Tatbestand des Betruges erfüllen.

Die Sanierung von geschlossenen Investment KGen

Mit diesem Thema beschäftigte sich Dr. Markus Weyer, der anhand vieler Schaubilder die komplexen Strukturen von Fondsgesellschaften erklärte und daraus Überlegungen zu deren Sanierung ableitete. Wie dies in der Praxis und der Rechtsprechung geht, erläuterte er anhand mehrerer Praxisfälle.

Ein Urteil mit weitreichenden Folgen

Davon wusste Prof. Dr. Wolfgang Marotzke von der Universität Tübingen zu berichte. So hat die BaFin am Tag der Urteilsverkündung bekannt gegeben, dass aufsichtsrechtlich die BGH-Entscheidung nicht angewendet wird und zeitnah eine neue gesetzliche Regelung folgt. Hintergrund war die Befürchtung, dass die geänderten Rechtsfolgen bei der insolvenzbedingten Auflösung von Finanzmarktterminkontrakten das Potenzial haben könnten, eine neue Finanzkrise auszulösen.

Nachschusspflicht schafft Trittbrettfahrer

Dieser Meinung war Prof. Dr. Sebastian Mock von der WU Wien, der in seinem Vortrag die Meinung vertrag, dass die Sanieren-oder-Ausscheiden-Rechtsprechung besser zu einer Sanieren- oder-Verwässern-Rechtsprechung werden solle. Durch die europäische Restrukturierungs-Richtlinie sieht er hierfür gute Chance. So sei das zentrale Problem des Gesellschaftsrechts bei sanierungsbedürftigen Anlagegesellschaften, dass es Trittbrettfahrer gebe, die alle anderen Nachschießen lassen würden und selbst nicht dazu bereit seien. Um das Problem im Ernstfall erst gar nicht aufkommen zu lassen, solle bereits im Gesellschaftsvertrag klar eine Verhinderung von „Sanieren oder Ausscheiden“ geregelt sein.

Wie bedeutet ein Konkurs für Anleihegläubiger?

Mittelstandsanleihen mit einem Volumen von 15 bis 150 Mio. Euro standen im Mittelpunkt des Vortrages von Rechtsanwalt Sascha Borowski von der Kanzlei Buchalik Brönnekamp. Er berichtete dabei, dass im vergangenen Jahr 30 Unternehmen Anleihen mit einem Gesamtvolumen von 1,14 Mrd. Euro platziert hätten, von denen die Hälfte eine Vollplatzierung erreicht hätten. Für die rechtlichen Fragen seien das Schuldverschreibungsgesetzt von 1899 sowie das Schuldverschreibungsgesetz von 2009 relevant. Außerdem wies Borowski darauf hin, dass es strittig sei, ob einer Gläubigerversammlung für nachrangige Anleihegläubiger einzuberufen sei.

Warum die Liberalisierung im Anleihesektor Gefahren bergen kann, lesen Sie auf Seite 5