Erleben wir eine Verschwörung?

25.02.2019

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„One size fits all“ mag niemand

Hierzu wagt er einen Blick auf die Einführung des Provisionsdeckels in der privaten Krankenversicherung (PKV) im Jahr 2012: „Da gab es ein Riesengeschrei. Viele haben schon den Untergang der ganzen Sparte prophezeit. Aber seitdem ist Ruhe.“ Im Fall der Einführung einer ähnlichen Regelung bei der LV geht er mit großer Wahrscheinlichkeit von einer ähnlichen Entwicklung aus. „Das spräche dafür, dieses leidige Thema mit einem solchen Schnitt abzuräumen“, so Kreis. Ein weiterer Vorteil besteht laut des Apella-Vorstandsmitgliedes darin, Einheitslösungen wie der Deutschlandrente den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Wenn mit einem Provisionsdeckel die leidige Diskussion über Kostenstrukturen erledigt ist, bräuchte man auch nicht mehr über standardisierte Produkte mit niedrigen Kosten nachzudenken.“ Und die Verhinderung einer solchen staatlichen „One-Size-fits-all“-Variante findet Kreis allemal erstrebenswert, denn andernfalls gäbe es auch keine Beratung mehr zu Altersvorsorgeprodukten. „Und am Ende haben alle die gleiche Lösung, ob sie passt oder nicht. Das will doch keiner wirklich“, resümiert Kreis.

Die Verschwörung

So weit, so gut. Doch Oliver Pradetto, Mitgründer und Kommanditist von blau direkt, erkennt einen handfesten Skandal. Die Aspekte, die im Vordergrund der Mainstream-Diskussion stehen, hält er für nichts weiter als Cover-up: „Wenn der Kunde immer weniger für sein Geld bekommt, ist es nur fair, wenn sich auch Produktgeber und Vermittler mit weniger zufrieden geben. Darum geht es aber nicht beim Provisionsdeckel.“ Stattdessen sieht Pradetto hinter dem Feigenblatt von Verbraucherschutz etwas ganz anderes, düsteres: „Diesen Provisionsdeckel hat die Lobby der Versicherer zusammen mit der Aufsicht der Versicherer ausgeheckt.“ Dies wäre unerhört. Denn eine Versicherungslobby sollte logischerweise die Interessen der Versicherer vertreten. Von diesen haben sich aber einige nicht für, sondern gegen einen Deckel ausgesprochen. Die von Pradetto genannte „Aufsicht der Versicherer“, im Klartext wohl die BaFin, hat schon gar kein Recht, sich aktiv in die Gesetzgebung einzumischen. In Deutschland herrscht schließlich das demokratische Prinzip der Gewaltenteilung, also auch Teilung von Legislative und Exekutive (BaFin). Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Empörung der markigen blau direkt-Ikone: „Leben wir denn in einer Bananenrepublik, in der ein gottgleicher Behördenchef sich anmaßt, die Ziele derer, die er eigentlich beaufsichtigen soll, durchzusetzen?“ Doch warum könnten die Versicherer eben solche Ziele, also einen Deckel, verfolgen? Pradetto analysiert die Interessenlage: „Wer die zulässigen Kosten insgesamt deckelt, erreicht damit, dass für den Kunden mehr herauskommt. Wer eine einzelne Kostenart deckelt, erreicht, dass der Produktgeber mehr für sich behalten kann.“ Wenn nun einige der Versicherer, die nach außen den Provisionsdeckel ablehnen, tatsächlich genau diesen aus Geldgier hinter den Kulissen fordern, wäre das – gelinde gesagt – schwer verdaulich. Dann wären wir nicht nur in der Bananenrepublik, wie es Pradetto nennt. Dann wären wir auf einem Schlachtfeld, in dem Akteure als Schattenkrieger oder als Soldaten ohne Hoheitszeichen agieren.

Wenn wir die Lage zusammenfassen, stehen wir am Bahnsteig der Politik und wissen immer noch nicht, ob sie kommt, die Bahn. Oder in diesem Fall: der Provisionsdeckel. Auf jeden Fall haben wir jetzt schon eine kontrovers geführte Diskussion und womöglich gar eine Verschwörung. Hier besteht dringend Klärungsbedarf. (sh)