Entgegen aller Erwartungen
09.11.2016
Monica Defend
Was bedeutet das Ergebnis für die US-Märkte?
Wir denken, dass Trumps politische Agenda, in dem Maße, wie man sie in die Zukunft projizieren kann, negativ für ertragsorientierte Investments sein wird, und zu einer steileren Renditekurve führen dürfte. Die Kombination aus größeren Konjunkturprogrammen und steigenden Schulden dürfte den Aufwärtsdruck auf die Renditen von US-Staatsanleihen erhöhen. Als Antwort darauf könnte die Fed einen schnelleren Straffungskurs einschlagen. Die Aktienmärkte haben zunächst heftig reagiert und die Volatilität dürfte weiterhin hoch bleiben. Dennoch glauben wir, dass die langfristige Entwicklung von den Unternehmensgewinnen bestimmt wird und weniger davon, wer Präsident ist. Unter Branchengesichtspunkten dürfte ein Trump-Sieg günstig für Pharma-, Finanz-, Infrastruktur-, Rüstungs-, Kohle- und Energieunternehmen sein. Stark exportabhängige Unternehmen könnten deutlich belastet werden.
An den Währungsmärkten wird die Volatilität vermutlich hoch sein. Historisch gesehen, ist eine protektionistische Marktstimmung sehr negativ für den US-Dollar, weil Kapitalzuflüsse aus dem Ausland rückläufig tendieren. Trumps Ablehnung des NAFTA-Vertrags wird negative Effekte hauptsächlich auf den Mexikanischen Peso und den Kanadischen Dollar haben. Auf der anderen Seite könnten „Safe-Haven“-Währungen wie Euro, Yen und Schweizer Franken eine Rally erfahren.
Welche Auswirkungen hat die US-Wahl Ihrer Meinung nach auf das globale, makroökonomische Szenario und die geopolitischen Risiken?
Wir erwarten durch den Sieg von Donald Trump einen Anstieg des Populismus und die Ausbreitung des Nationalismus. Die Lösung dieser globalen Herausforderungen dürfte nicht einfach werden und spiegelt sich auch in der großen Unsicherheit der europäischen Politik wider. Das italienische Verfassungsreferendum im Dezember ist das nächste wichtige Ereignis. Starke Spaltungen innerhalb der Partei von Premierminister Renzi und die Ausbreitung von Anti-Establishment-Haltungen könnten die "Nein"-Kampagne unterstützen, die möglicherweise die Stabilität der derzeitigen Regierung untergräbt und ihre Reformagenda verlangsamt.
Die Unsicherheit in Zusammenhang mit dem Brexit wird weiter verlängert, nachdem eine hohe Gerichtsentscheidung die Zustimmung des britischen Parlaments erfordert, um die zweijährigen Brexit-Verhandlungen zu starten. Dies dürfte die britische Regierung schwächen und Neuwahlen können zum aktuellen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die geopolitischen Risiken sehr hoch und breit gefächert sind.
Was sind die Auswirkungen für Multi Asset-Investoren? Vor der US-Wahl haben wir an unserer vorsichtigen Einschätzung hinsichtlich sogenannter Risky Assets festgehalten. Im Vorfeld der Wahl haben wir angesichts der steigenden Möglichkeit eines Trump-Sieges unsere kurzfristige Einschätzung für Schwellenländer (Emerging Markets) überprüft. Dies resultiert nicht auf Basis eines strukturellen Wandels, da wir die Emerging Markets weiter mittelfristig begünstigen, viel mehr wollen wir damit kurzfristig die Vermögenswerte unserer Anleger schützen. Anlagen in den Emerging Markets würden mittelfristig weiter attraktiv bleiben, sofern wir weiter in einem Freihandelsumfeld bleiben. Wenn sich die USA stattdessen aber protektionistisch verhalten, könnte dies das Wachstumspotenzial von Regionen wie China (die stark von der Globalisierung profitieren) gefährden. Wir werden die handelspolitische Haltung der neuen Regierung überwachen, um unsere Einschätzung bezüglich der EM-Vermögenswerte zu überprüfen.
Auch vor dem Hintergrund der anhaltenden politischen Unsicherheit in Europa erwarten wir, dass Gold eine wesentliche strukturelle Absicherung gegen potenzielle Volatilitätsspitzen darstellen könnte. Wir gehen weiterhin davon aus, dass in den kommenden Monaten der Fokus auf aktives Management, Qualität der Vermögenswerte und Begrenzung von Abwärtsrisiken entscheidend sein wird.
Stellungnahme von Monica Defend, Head of Global Asset Allocation Research, Pioneer Investments Research