Eine lockere deutsche Fiskalpolitik wäre gut für Europa
18.09.2019
Lars Skovgaard Andersen, Investmentstratege Danske Bank Asset Management / Foto: © Danske Bank AM
Die selbstverpasste deutsche Zwangsjacke
Die Deutschen haben sich allerdings selbst eine Zwangsjacke umgelegt, die strammer ist als die EU-Regelungen:
Einerseits gilt in Deutschland das Prinzip der Schwarzen Null. Dabei müssen sämtliche Staatsausgaben durch entsprechende Einnahmen gedeckt werden. Das bedeutet: Steigen die Ausgaben, müssen auch die Einnahmen steigen. Dies ist keine formelle, gesetzlich vorgeschriebene Richtlinie, sondern ein tief verwurzeltes Prinzip innerhalb der gegenwärtigen Regierungskoalition.
Andererseits gibt es die Schuldenbremse: Der strukturelle Saldo (der um konjunkturelle Einflüsse und Einmaleffekte bereinigte öffentliche Saldo) darf höchstens ein Defizit von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufweisen. Diese Regelung wurde 2011 in das deutsche Grundgesetz aufgenommen.
Der Gedanke, dass die Politiker einfach von diesen Regeln abweichen können, ist verlockend. Doch Vorsicht: Die breite deutsche Bevölkerung steht hinter der Schwarzen Null – und bei einer Abweichung von der Schuldenbremse müsste die Verfassung geändert werden.
Kreative Ideen der deutschen Politik
Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass die deutschen Politiker nach Wegen suchen, wie sie Anreize setzen können, ohne ihre eigenen Richtlinien zu brechen. Bei den Haushaltsverhandlungen kam heraus, dass die Regierung die Einrichtung von drei neuen selbstständigen Einheiten plant, die sich unter anderem um eine Reihe von Klimaprojekten kümmern sollen. Deren Etats sind nicht Bestandteil des Staatshaushalts, und deshalb werden die dort verursachten Schulden auch nicht bei der Schuldenbremse mitgerechnet.
Obwohl ein großes Konjunkturprogramm in Deutschland somit nur schwer umsetzbar erscheint und die Schuldenbremse das Ausmaß der Lockerungen begrenzt, gibt es dennoch Anzeichen dafür, dass die deutschen Politiker bereit sind zu handeln – und das ist an sich schon ein sehr starkes Signal für die Finanzmärkte. Zugleich könnte der aufkeimende Konjunkturoptimismus in Deutschland auf das restliche Europa überschwappen.
Was dies für Anleger bedeutet
Bei Danske Bank Asset Management haben wir europäische Aktien in unseren Portfolios aktuell neutral gewichtet und sehen größeres Renditepotenzial bei US-Aktien. Doch wie wir bereits Ende August in unserem jüngsten Quartalsbericht „Quarterly House View“ angekündigt haben, ist eine lockere deutsche Fiskalpolitik genau einer der Faktoren, die dazu beitragen können, die europäische Wirtschaft aus ihrer gegenwärtigen Sackgasse zu manövrieren und europäische Aktien in die Höhe zu treiben.
Deshalb verfolgen wir die Entwicklung mit großem Interesse, auch wenn wir uns nicht zu früh freuen wollen. Derweil kann die deutsche Finanzpolitik mit ihrem besonderen Augenmerk auf grüne Investitionen unserer Ansicht nach Unternehmen zugutekommen, die zur Energiewende beitragen – ein Bereich, in dem wir grundsätzlich hohe Renditemöglichkeiten sehen.
Marktommentar von Lars Skovgaard Andersen, Investmentstratege Danske Bank Asset Management