„Eine gute Idee, die aber Jahrzehnte zu spät kommt“
17.12.2024
Foto: © fw / Sabrina Henkel
finanzwelt: Nun hat aber die Finanz- und Vermittlerbranche nicht den besten Ruf.
Dr. Lach» Das ist leider richtig. Die meisten Kritiker sehen und erwähnen aber nicht, dass sich in den letzten über zehn Jahren viel getan hat, was Verbraucherschutz und Qualifikation angeht. So brauchen Berater heute für alle Bereiche eine gewerberechtliche Zulassung mit anspruchsvoller Ausbildung, es gibt eine gesetzliche Weiterbildungspflicht und in jeder Beratung muss, gesetzlich vorgeschrieben, der Bedarf des Kunden ermittelt werden. Das Image, mit dem wir leider heute noch zu kämpfen haben, wird immer wieder ‚befeuert‘ mit Sachverhalten, die zum Teil Jahrzehnte zurückliegen. Die öffentliche Darstellung unserer Branche ist unausgewogen. Die positive Seite wird oft ignoriert.
finanzwelt: Kommen wir zur finanziellen Vorsorge zurück und blicken über die Landesgrenzen. Oft wird dabei auf Skandinavien mit seinen Kapitalfonds verwiesen. Ein Modell für Deutschland?
Dr. Lach» Tatsächlich können wir nur mit Neid auf die Länder schauen, die schon sehr früh damit begonnen haben, bei der Finanzierung der gesetzlichen Renten auch auf den Kapitalmarkt zu setzen. In Deutschland plante die FDP, mit dem Generationenkapital eine zusätzliche Finanzierungsquelle neben dem beitragsfinanzierten Umlageverfahren einzuführen. Diese Idee könnte helfen, die Rentenfinanzierung zu stabilisieren, kommt jedoch in einer Zeit, in der die politische Lage angespannt ist und die Umsetzung nun ungewiss bleibt. Es ist aber eine gute Idee, die leider Jahrzehnte zu spät kommt. Denn die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den nächsten Jahren in Rente.
finanzwelt: Also bleibt es dabei: Gerade in den jetzt anbrechenden Jahrzehnten wäre es grob fahrlässig, sich nur auf die staatliche Rente zu verlassen?
Dr. Lach» Absolut. Es zeichnet sich deutlich ab, dass die Sozialabgaben insgesamt völlig aus dem Ruder laufen, weil die Anzahl der Leistungsempfänger stark zunimmt, ohne dass es den erforderlichen Zuwachs bei den Erwerbstätigen gäbe. Das gilt nicht nur für die Rente, sondern genauso für die Krankheits- und Pflegevorsorge. Das alles über Beitragssatzerhöhungen und immer höhere Steuerzuschüsse auszugleichen, stößt an Grenzen. Früher oder später wird die Politik deshalb gezwungen sein, auch die Leistungen zurückzunehmen. Wer dann keine private Vorsorge betrieben hat, muss sich einschränken.
finanzwelt: Abschließend – ein „Plädoyer“ für das neue Jahr und die Finanzbranche?
Dr. Lach» Realistisch: Die Finanzbranche wird gebraucht. Ich bin davon überzeugt, dass sich Kunden in erster Linie eine Beratung auf Augenhöhe wünschen. Unbenommen aller Verunsicherungen wird jedes Unternehmen und jeder Berater erfolgreich sein, das beziehungsweise der sich am Bedarf der Kunden ausrichtet. Mein Wunsch: Endlich politische Reformen der sozialen Sicherungssysteme, die die Lasten gerechter verteilen. (ah)