„Eibuidung machd d Leid narrisch!“

07.03.2019

Philip Wenzel, Prokurist freche Versicherungsmakler GmbH & Co. KG / Foto: © freche Versicherungsmakler

Zusätzlicher Beratungsbedarf

Für den Vermittler ist das ein Ansatz für eine private Rentenversicherung, weil nicht gewährleistet ist, dass die Versorgungswerke es schaffen, bei steigender Lebenserwartung immer die Inflation auszugleichen. Das könnte man über eine kleine, private Rentenversicherung ergänzend abdecken. Bleibt noch die Frage, ob Kammerberufe eine private Berufsunfähigkeits-Versicherung benötigen. Die Antwort lautet in den allermeisten Fällen: Ja! Zum einen haben vor allem Ärzte oft hohe Finanzierungen laufen, um eine Praxis und deren Inhalt abzubezahlen. Und wer hohe Ausgaben hat, benötigt auch eine hohe Absicherung. Ein großer Denkfehler in der BUV-Beratung besteht darin, dass der Vermittler denkt, er müsse das Einkommen absichern. Tatsächlich müssen aber die Ausgaben abgesichert werden. Denn ich werde nur unwahrscheinlich im BU-Fall mehr ausgeben als vorher. Krankenkosten zahlt ja meine Versicherung.

Schwerere Definition der Berufsunfähigkeit

Die Versorgung bei BU ergibt sich aus einer relativ komplexen Formel, die sich aus der Beitragsleistung und dem Rentenbemessungsfaktor abzüglich eines Abschlages ergibt. Stark vereinfacht sind es etwa 60 % des Netto-Einkommens. Zum anderen ist die Definition der BU in den Versorgungswerken eine andere. Die private BU orientiert sich ja an § 172 VVG. Ich muss also zu 50 % außerstande sein, die Tätigkeiten, die zuletzt in gesunden Tagen meinen Arbeitsalltag prägten, auszuüben. Im Versorgungswerk der Ärzte finde ich unter § 36 (3), dass ein Anspruch auf Ruhegehalt bei BU nicht entstehe, „solange das Mitglied nicht seine gesamte berufliche Tätigkeit aufgegeben hat.“ Ich darf also überhaupt nicht mehr arbeiten. Streng genommen als überhaupt nix mehr. Bei den Apothekern heißt es hierzu konkret: „Die berufliche Tätigkeit ist nicht eingestellt, solange das Mitglied Arbeitsentgelt bezieht oder solange die Apotheke unter seiner Verantwortung geleitet wird.“ Eine private BU würde also deutlich früher leisten und auch einen Nebenverdienst, z. B. als Gutachter, erlauben. Bedingungsseitig ist Vorsicht geboten bei sogenannten Berufsklauseln, die z. B. dann leisten,  wenn eine Tätigkeit als Arzt nicht mehr möglich ist. Das klingt zwar erst einmal gut. Allerdings werde ich dann nicht auf meine konkret ausgeübten Tätigkeiten als Arzt geprüft, sondern auf das Berufsbild. Das ist in den allermeisten Fällen ein Nachteil und dürfte auch einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten. Ansonsten ist eigentlich nur die Umorganisations-Klausel von besonderer Bedeutung.

Informier Dich über das Versorgungswerk

Manche Anbieter verzichten bei Kammerberufen auf die konkrete Verweisung. Das ist zwar nett, aber zum einen ist ein Anwalt sowieso kaum konkret zu verweisen, da der Beruf sehr angesehen und gut bezahlt ist. Zum anderen ist auch schlicht und einfach kein Bedarf gegeben, wenn ein Anwalt im neuen Beruf wieder so viel verdient wie vorher. Der Verzicht auf die konkrete Verweisung ist in meinen Augen kein Entscheidungskriterium. Zusammengefasst erfordert die Zielgruppe der Kammerberufe kein vertieftes oder besonderes Produktwissen, aber ein gewisses Hintergrundwissen über das geltende Versorgungswerk im Bundesland des Kunden. Mit dieser vertieften Fachkompetenz kann ich auch den Kammerberufler dazu bringen, seine vorgefasste Meinung gegen mein Wissen zu dem Thema einzutauschen.

Gastbeitrag von Philip Wenzel, Prokurist freche Versicherungsmakler GmbH & Co. KG