Die unerträgliche Leichtigkeit des Zinses

19.12.2016

André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter der Prometheus Vermögensmanagement GmbH/ Foto: © Prometheus

Die höheren Risiken, die sich heute aus dem Vermögen von Versicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds ergeben, dürfen zudem nicht vergessen werden. Da ein bedeutender Teil des Anlagevermögens in Staats- und Bankanleihen investiert ist, sollte jedem Sparer eigentlich klar sein, dass das per Saldo ja gar nicht so sicher sein kann wie vielfach angenommen. Schließlich sind die Staaten rund um den Globus heute höher verschuldet als jemals zuvor. Und stecken Banken mitten in der größten Krise der Nachkriegszeit und verfügen mit Eigenkapitalquoten von deutlich unter 10% über eine denkbar schlechte Kapitalausstattung.

Dennoch sind rund 40 Prozent des liquiden Vermögens der Deutschen in Versicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds investiert. Wie kann das sein? Müssten die Altersvorsorge-Sparer in Anbetracht des zuvor Gesagten nicht eigentlich schlaflose Nächte haben? Müssten sie, haben sie aber nicht. Und das, obwohl seit rund 20 Jahren vermutlich keine einzige Versicherung die ehemals vollmundig prognostizierten Auszahlungen am Ende erreicht hat. Aber immerhin, die Garantien wurden eingehalten. Und genau die sind letztlich der Grund, warum die deutschen Sparer einen unbeirrbaren Glauben an ihre private Altersvorsorge haben.

Da stört es auch nicht, dass die erste Pensionskasse in diesem Jahr bereits den eigentlich garantierten Zins für Versicherte herabsetzen musste. Eine Ausnahme? Noch, ja. Aber können Garantien eigentlich Ausnahmen haben? Was bringt dann letztlich eine Garantie? Diese Frage ist mehr als berechtigt. Insbesondere, wenn man sich mit dem §314 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) beschäftigt.

Denn dieser hebelt letztlich jede Garantie von Versicherungen aus. Wer den Paragraphen nicht kennt, sollte ihn dringend lesen. Die Garantie von Versicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds ist also eine Phantomgarantie. Man hat von ihr gehört, es gibt sie aber de facto nicht. Da bauen nun also Millionen von Sparern auf eine Garantie, die es gar nicht gibt und schlafen gut, obwohl sie eigentlich schweißgebadet aufwachen müssten.

Das Ergebnis der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, nach der drei Viertel aller Anleger nicht wissen, wie und wo sie ihr Geld noch sinnvoll anlegen können, wird da eigentlich zum Treppenwitz. Zum Verständnis: Wir wissen nicht, wo wir unser Geld noch sinnvoll anlegen können, stecken es aber in Altersvorsorgeprodukte, die weder Zinsen, noch Sicherheiten, noch verlässliche Garantien bieten.

Es gibt Musiksendungen im deutschen Fernsehen, da würde man so etwas als unfuckingfassbar bezeichnen. Und – sind wir mal ganz ehrlich – das ist es auch. Da hatte die Bild-Zeitung vor einigen Tagen also gar nicht so unrecht, als sie auf ihrem Titelblatt feststellte, dass wir Sparer mal wieder die Dummen sind. Allerdings, liebe Bild-Zeitung, wir sind da nicht ganz schuldlos dran. Wir wollen zwar heute echte Revoluzzer sein, sind gegen das Establishment und stimmen mittlerweile gegen alles und jeden, glauben aber trotzdem jeden Blödsinn und hinterfragen nichts. Vielleicht sollten wir die deutschen Sparer einfach mal gemeinsam aufklären. Ich stehe dafür gerne zur Verfügung.

Kolumne von André Kunze, Geschäftsführender Gesellschafter P.A.M. Prometheus Asset Management GmbH

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