Die Europäische Zentralbank - entscheidet sie allein die Geldpolitik der EU?
10.05.2021
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Die Aufgaben der EZB
Über allen Aktivitäten der EZB steht die im EG-Vertrag niedergelegte Erhaltung der Preisstabilität. Wie die Europäische Zentralbank das Preisniveau hält und welche Mittel sie dabei einsetzt, entscheidet sie selbst. Insbesondere ist die Inflationsrate unter 2 % zu halten. Manche ihrer Maßnahmen werden dabei auch von Wirtschaftsexperten immer wieder kritisiert. Beispielsweise wurde der Ankauf von Staatsanleihen besonders in den Jahren 2010, 2011 und 2016 von Wirtschaftsexperten infrage gestellt. Dabei richtet sich die Kritik nicht immer nur gegen die einzelnen Maßnahmen der EZB selbst, sondern auch gegen die wirtschaftspolitischen Ziele der EU. Manche Experten ziehen beispielsweise in Zweifel, dass die Einhaltung der 2 % Grenze bei der Inflation ein sinnvolles Ziel darstellt. Die meist restriktive Geldpolitik der EZB erscheint nicht allen Experten als optimale Möglichkeit, die wirtschaftliche Stabilität im Euro-Raum zu steuern. Ebenso wenig überzeugt auch die Kommunikationspolitik der EZB jederzeit die Marktteilnehmer. Häufig wird eingewandt, dass die EZB Unsicherheiten schaffe, weil ihre wirtschaftspolitischen Ziele und Maßnahmen häufig zu unberechenbar sein. Aktuell steht insbesondere auch die Minuszinspolitik im Zentrum der Kritik.
Die EZB ist kein isoliertes Machtgefüge
Zwar trägt die Europäische Zentralbank die Gesamtverantwortung für die Gestaltung der Geld- und Währungspolitik in der EU. Um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, ist sie in vielen Bereichen weitestgehend unabhängig von politischen Einflussnahmen gestellt. Bei der Bewertung ihrer Arbeit ist zu berücksichtigen, dass die politischen Grundsatzentscheidungen zur Währungspolitik bei den politischen Entscheidungsträgern und den EU-Mitgliedstaaten liegen. Die EZB repräsentiert die Geld- und Währungspolitik nach außen und ist auf die Einhaltung bestimmter währungspolitischer Ziele ausgerichtet. Sie ist aber mitnichten ein diktatorisches Entscheidungsgremium, dass sich außerhalb jeder Kontrolle bewegt. Sie hat außerdem in den letzten Jahren und Jahrzehnten maßgeblich dazu beigetragen, die wirtschaftliche Stabilität im Euro-Raum zu erhalten.
Es bleibt Kritikern der EZB jederzeit unbenommen, Maßnahmen der EZB im Einzelfall in demokratischer und angemessener Weise zu rügen. Diese Kritik gehört zu den demokratischen Prozessen in der Europäischen Union. Grundsatzkritik an der wirtschaftspolitischen Ausrichtung und damit auch der Währungspolitik im europäischen Wirtschaftsraum muss aber an die EU selbst sowie ihre Mitgliedstaaten adressiert werden. Auf diese Ausrichtung kann im Rahmen demokratischer Prozesse Einfluss genommen werden. Kritiker der EZB aus allen politischen Lagern und mit abweichenden wirtschaftswissenschaftlichen Denkansätzen sollten diese Tatsache bei einer möglicherweise berechtigten Kritik im Hinterkopf behalten. Das gilt umso mehr, als kein großer Wirtschaftsraum ohne einen zentralen Lenker der Geld- und Währungspolitik auskommt. Dabei gehört es zum System, dass einige Maßnahmen dieser zentral lenkenden Institution unpopulär sein müssen. Hier dürfte die EZB beispielsweise im Vergleich mit der FED in den USA und deren durchaus einflussreichen privaten Anteilseignern gerade durch ihre weitreichende Unabhängigkeit sehr gut aufgestellt sein.