Deutliche Straffung der Geldpolitik in den USA

18.02.2022

Gergely Majoros, Mitglied des Investment Committee von Carmignac / Foto: © Carmignac

finanzwelt: Welche Sektoren sehen Sie bei Aktien vorne? Majoros» Aktien, die einer möglichen konjunkturellen Schwäche trotzen können, sind insbesondere in jenen Branchen zu finden, die sogenannte säkulare Tendenzen aufweisen. Diese findet man beispielsweise in den Sektoren Gesundheit, Technologie oder Konsumgüter. In dem heutigen inflationären Umfeld ist es entscheidend, auf die Pricing Power der Unternehmen zu achten – die Möglichkeit der Anbieter, ihre Preissetzung gegenüber dem Kunden am Markt weiter durchzusetzen, ohne den Kunden zu verlieren.

finanzwelt: Von den Branchen hin zu den regionalen Schwerpunkten. Was halten Sie von Europa, das lange Zeit insbesondere im Schatten der USA stand? Majoros» Die europäische Wirtschaft hat mittlerweile viel Boden wieder gutgemacht. Ab 2022 werden sogar die Impulse des riesigen Next Generation EU-Programms greifen. Dies wird das Wachstum in der Eurozone in den nächsten Jahren stark unterstützen. Damit wird auch der alte Kontinent eine attraktive Wachstumsdynamik im internationalen Vergleich aufweisen können.

finanzwelt: Und China, wie ist hierzu Ihre Meinung? Majoros» Der chinesische Aktienmarkt hat in 2021 enttäuscht. Insbesondere die Regulierungswelle bei Tech-Unternehmen, aber auch die Unsicherheiten im Immobiliensektor, ausgelöst durch Evergrande, haben für viel Verunsicherung bei Investoren gesorgt. Dennoch könnte 2022 wieder ein gutes Jahr für chinesische Aktien werden. Es gibt erste Anzeichen dafür, dass die chinesischen Behörden demnächst die aktuelle Wirtschaftspolitik umdrehen könnten und die eigene Konjunktur wieder ankurbeln. In einem globalen Umfeld der globalen konjunkturellen Verlangsamung könnte dies bei Investoren gut ankommen.

finanzwelt: Ihr Ausblick auf die Rentenmärkte bleibt folglich verhalten? Majoros» Selektion und eine aktive Steuerung der Duration bleiben für uns essenziell. In Bezug auf Staatsanleihen der Kernländer sind wir weiterhin sehr vorsichtig. Bei Unternehmensanleihen konzentrieren wir uns auf diejenigen Emittenten, die immer noch attraktive Renditen bieten. Emerging Markets-Anleihen bieten auch selektive Chancen.

finanzwelt: Die zentralen Thesen lauten demnach? Majoros» Das weltweite Wirtschaftswachstum wird sich abschwächen. Inwieweit diese Abkühlung dann an Fahrt aufnimmt, hängt zentral an unterschiedlichen Faktoren, wie etwa die COVID-Pandemie oder die geldpolitische Straffung. Die Inflation dürfte trotzdem ein zentrales Thema bleiben, insbesondere in den USA. Insofern ist die große Frage, wie weit die Straffung der Geldpolitik gehen wird, um diese Preisdynamik zu bekämpfen. Hinsichtlich der Assetklassen sehen wir Aktien weiter attraktiver als Anleihen, jedoch ist Selektion das A und O. Ferner dürfte die US-amerikanische Währung der sichere Hafen in einem herausfordernden Umfeld bleiben. (ah)