Der Hype geht weiter – Bedenken bleiben
22.02.2021
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Zivilrechtliche Ansprüche gegen den Dieb
Bei Anwendung deutschen Rechts stellt sich die Frage, ob Ansprüche bestehen, die eine Herausgabepflicht der entwendeten Bitcoins begründen. Während es an möglichen Herausgabeansprüchen nicht mangelt, erweist sich die Frage, ob diese überhaupt auf den Bitcoin Anwendung finden können, als schwieriger. Vorgelagert ist hierbei die Frage der zivilrechtlichen Einordnung von Kryptowährung. Mangels Körperlichkeit ist eindeutig, dass der nur virtuell existierende Bitcoin nicht als Sache gemäß § 90 BGB klassifiziert werden kann. Eine Qualifizierung als Forderung scheitert daran, dass hierfür eine zentrale Stelle notwendig ist, welcher gegenüber die Forderung bestehen könnte. Bitcoins sind aber nur elektronische Werteinheiten, die als Zahlungsmittel verwendet werden können. Die stets erheblichen Wertschwankungen schließen zudem eine rechtliche Einordnung als Geld aus. Als Lösung kommt letztendlich § 453 I BGB in Betracht, welcher auch sonstige Rechte, somit auch virtuelle, umfasst und zumindest im Kaufrecht Sachen gleichstellt. Daraus ergibt sich jedoch, dass am Bitcoin weder Eigentum noch Besitz entstehen kann.
Der eigentumsrechtliche Herausgabeanspruch scheitert daher bereits daran, dass es sich im rechtlichen Sinne um keine Sache handelt, an welchem Eigentum entstehen kann. Zu denken wäre außerdem an deliktischen Rechtsschutz, wobei der Bitcoin als „sonstiges Recht“ gemäß § 823 I BGB zu qualifizieren sein könnte. Ungeachtet der Entscheidung darüber, ob der Bitcoin ein sonstiges Recht darstellt, kann zumindest ein deliktischer Rechtsschutz in Verbindung mit der Verletzung von Schutzgesetzen aus dem Strafgesetzbuch einschlägig sein. In Betracht kommen hierbei bei einem Hackerangriff die strafbaren Tatbestände der Datenveränderung bzw. das Ausspähen von Daten. Auch aus bereicherungsrechtlicher Sicht kann sich ein Herausgabeanspruch ergeben. Ein Bereicherungsgegenstand besteht bei jedem vermögenswerten Vorteil des Begünstigten. Durch seine Verwendbarkeit als Zahlungsmittel weist der Bitcoin einen wirtschaftlichen Wert auf, womit der Begünstigte einen faktisch vermögenswerten Vorteil erhält. Hierfür wird keine Sacheigenschaft des Bitcoins vorausgesetzt.
Somit zeigt dieser kurze Überblick, dass es durchaus Möglichkeiten im deutschen Recht gibt, einen Herausgabeanspruch zu begründen. Problematisch bleibt in diesem Zusammenhang jedoch die prozessuale Durchsetzbarkeit eines solchen materiellen Anspruchs. Denn der beste Anspruch ist im Endeffekt wertlos, wenn der Schädiger nicht ausfindig gemacht werden kann. Insoweit schließt sich auch der Kreis zu anderen gestohlenen Gegenständen, welchen die rechtliche Sachqualität unzweifelhaft zugesprochen wird. Sollte der Dieb ermittelt werden können, so ist auch im Bereich der Kryptowährung eine Anspruchsgrundlage für die Herausgabe vorhanden.
Praxistipp
Sollten Sie über Bitcoins verfügen, ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Verwenden Sie Antivirenprogramme und überprüfen Sie Ihre Nachrichten genau. Klicken Sie keinesfalls unbedacht auf darin enthaltene Links. Denn obwohl das deutsche Recht Ihnen Schutz bietet, ist die Durchsetzbarkeit schwierig, in den meisten Fällen sogar unmöglich.
Beitrag von Axel Wegner Rechtsanwalt bei TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH