Der feine Unterschied

19.10.2020

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Wie aus der Zeit gefallen

Hier Fortschritt, dort Geschacher. Ein Beispiel für die Probleme innerhalb der GKV lieferte Anfang Dezember vergangenen Jahres Dr. Thomas Kriedel, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, in einer Rede vor der Vertreterversammlung der KBV: „Unser ‚Praxis Barometer Digitalisierung‘ hat vor wenigen Wochen belegt: Die Mehrheit der Praxen ist bereit für mehr Digitalisierung und erhofft sich davon einen Nutzen – sowohl für die Versorgung als auch für das Praxismanagement.“ Die Praxen sähen aber auch klare Digitalisierungshemmnisse: Sicherheitslücken und Fehleranfälligkeit der IT-Systeme, den hohen Aufwand bei der Umstellung und ein ungünstiges Verhältnis von Aufwand und Nutzen. Und er kritisierte auch die Politik: „Während wir bislang aktiv mitgestaltet haben, werden wir zunehmend auf die Zuschauertribüne abgeschoben. Wir dürfen nur noch unregelmäßig kommentieren, müssen dann feststellen, dass unsere Kommentare allenfalls zur Kenntnis genommen werden.“ Das sei keine Grundlage für eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit. Vor allem angesichts der Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen und der Angst vieler Menschen, eine Arztpraxis aufzusuchen, mutet dies wie aus der Zeit gefallen an. Zumal Anbieter von Telemedizin längst in der Erfolgsspur sind. So sagt Katharina Jünger, Gründerin & CEO TeleClinic GmbH: „Das Verständnis, dass Telemedizin eine sinnvolle Alternative zum Arztbesuch vor Ort ist, hat sich enorm gesteigert. In den letzten Jahren mussten wir immer rechtfertigen, dass Online-Arztbesuche wirklich ihren Zweck erfüllen und dass auch dort Diagnosen in einer hohen Qualität gestellt werden. Das ist jetzt nicht mehr notwendig.“ Die Patienten hörten jeden Tag von führenden Virologen im Fernsehen, dass es sinnvoll sei, online zum Arzt zu gehen. Dieses größere Verständnis schlage sich natürlich auch in ihren Zahlen nieder. Jünger: „Wir sind in den letzten zwei Monaten jede Woche um weitere 50 % gewachsen. Wir erwarten, dass auch nach der Corona-Krise das Verständnis für Telemedizin in der Gesellschaft dauerhaft höher sein wird.“ Man sei ja auch keine Konkurrenz für niedergelassene Ärzte, sondern eine Plattform für niedergelassene Ärzte. Gerade in der Corona-Zeit hätten sich sehr viele Ärzte gemeldet, deren Praxen leer gewesen seien – weil die Patienten ja aufgefordert waren, nur zu kommen, wenn es unbedingt erforderlich war. Die Ärzte selbst suchten eine Möglichkeit zur Telemedizin, da erlebe ihr Unternehmen eine große Nachfrage.

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