Corona verstärkt Ungleichheit

20.04.2021

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Strukturelle Faktoren verstärken Ungleichheitsrisiko

Dass die Ungleichheit auch innerhalb der einzelnen Länder steigt, führen die Studienautoren auch auf strukturelle Faktoren des Arbeitsmarktes zurück. So sind in den von der Krise sehr stark getroffenen Wirtschaftsbereichen häufig Nichtstandard-Arbeitsverträge zu finden (unter denen die Selbstständigkeit und Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag zusammengefasst werden) und die Arbeitnehmer werden dort zudem oft unterdurchschnittlich bezahlt. In der Eurozone machen Nichtstandard-Arbeitsverträge 30,5 % der Beschäftigten in den vulnerablen Sektoren aus. Damit liegt ihr Anteil höher als in der Gesamtbeschäftigung, wo sie 26,8 % der Beschäftigten stellen. Zudem gelten in den vulnerablen Sektoren 23 % der Beschäftigten als Geringverdiener (Verdienst weniger als zwei Drittel des durchschnittlichen Stundenlohns des jeweiligen Landes), in der Gesamtbeschäftigung machen diese nur 15 % aus.

Unterschiedliche Gefahren für Ungleichheit

Laut den Autoren der ING—Studie tragen alle oben genannten Faktoren dazu bei, die Ungleichheit in den Ländern der Eurozone ansteigen zu lassen. So könnte ein hoher Anteil an Geringverdienern die Ungleichheit innerhalb eines Landes ebenso ansteigen lassen wie ein hoher Einsatz von Nichtstandard-Arbeitsverträgen. Ersteres, weil ein hoher Anteil an Geringverdienern die Einkommenslücke eines Landes wachsen lässt, was die soziale Ungleichheit fördert. Letzteres, weil die neue Vergabe dieser Verträge zwar die Arbeitslosigkeit reduziert, diese Arbeitnehmer im Falle eines erneuten Arbeitsmarktschocks aber nicht ausreichend abgesichert sind und schnell entlassen werden können.

Die Studienautoren sehen auch unterschiedliche Gefahrenfaktoren für steigende Ungleichheiten zwischen den einzelnen Ländern. So resultiere diese Gefahr in Italien, Spanien und Portugal hauptsächlich aus dem starken Einsatz von Nichtstandard-Arbeitsverträgen in den vulnerablen Wirtschaftsbereichen. In Deutschland sei es hingegen vor allem der hohe Anteil an Niedriglohnbeschäftigten, der für ein großes Ungleichheitsrisiko sorge. So sind hierzulande 10 % der Arbeitnehmer als Niedriglohnarbeiter in den vulnerablen Sektoren beschäftigt. Besonders hoch ist der Anteil in den Bereichen Gastgewerbe und Gastronomie, sowie Kunst Unterhaltung und Erholung von 66 % bzw. 43 % als Niedriglohnarbeiter gelten. Diese beiden Bereiche sind zudem von den Corona-Maßnahmen am stärksten getroffen. Hingegen sticht Deutschland durch einen vergleichsweise geringen Einsatz von Nichtstandard-Arbeitsverträgen hervor. So werde gerade einmal 6 % der in den vulnerablen Sektoren beschäftigten deutschen Beschäftigten als Nichtstandard-Arbeitnehmer eingestuft. Damit profitiert ein großer Teil der deutschen Beschäftigten von den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen.

Warum aktuelle auch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verstärkt werden könnte, lesen Sie auf Seite 3