„Beschlüsse sind Enttäuschung“

17.04.2020

Georg Seil, Geschäftsführer Georg Seil Consulting / Foto: © Fotostudio Kutscha

Dem angeblichen Tag der Entscheidung am Mittwoch haben die Kapitalmärkte seit Tagen entgegengefiebert. Nachdem man sich zunächst weitgehend einig war, dass die jetzigen Beschränkungen bis zum 19.4.20 gelten sollten, wurde ebenso bekannt, dass am 15.4.2020 zunächst das „Coronakabinett“ und danach die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten in einer Videokonferenz über die weiteren Maßnahmen und Schritte beraten will und dies anschließend dem „Volk“ verkünden wollte. In den letzten Tagen überschlugen sich Studien und Experten-Meinungen im Eiltempo. Die Spekulationen schossen ins Kraut und schon vor Ostern schienen insbesondere die Aktienmärkte mehr zu wissen, denn diese sprangen um weitere 5 % bis 10 % nach oben, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA. Die Märkte „spielten“ die Rückkehr zur Normalität, als wenn alles vorbei wäre. Die Maßnahmen der Bundesregierung und der Landesregierungen zeigen eines deutlich: Die Rückkehr zu einer, wie auch immer, gearteten Normalität, dauert viel länger als erhofft. Die allgemeinen Kontaktbeschränkungen werden zunächst unverändert bis zum 3. 5. 2020 fortgesetzt. Die marginalen Lockerungen in Teilbereichen gehen zwar in die richtige Richtung, aber ob diese zum einen ausreichen, die Gesundheitsgefahren einzugrenzen, und zum anderen zu einer wirklichen Förderung der Wirtschaft beizutragen, erscheint zweifelhaft. Insgesamt gesehen sind die Beschlüsse für mich eine große Enttäuschung, denn der Wirtschaft wird damit kaum geholfen und in den weiteren Wochen werden sehr viele kleinere Unternehmen aufgeben müssen. Es könnte sich im Nachhinein erweisen, dass die Pandemie damit unter Kontrolle gehalten wurde, aber die Wirtschaft und die Menschen finanziell gesehen dies nicht überstehen.

Der DAX hat deshalb auch wieder den Rückwärtsgang eingelegt und ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass wir so schnell nicht die Marke von 11.000 Punkten nach oben durchbrechen können, sondern eher wieder unter die 10.000er-Marke zurückfallen. Man muss als kurzfristig orientierter Anleger den aktuellen Kursen nicht nachlaufen. Deutliche Rückschläge um 10 % können für den längerfristig orientierten Investor mit Kaufgelegenheiten darstellen, wobei dieser sich eher auf die defensiven Titel der Telekom- und Versorgerbranche, auf Pharma und High Tech Werte konzentrieren sollte.

Wie sich die Anleihenmärkte entwickeln dürften, lesen Sie auf Seite 2