Berlin im Tiefschlaf

17.03.2021

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Geringverdiener sind Tagesordnungspunkt Nummer eins

Vor 20 Jahren wurde mit der Rentenreform 2001 ein Paradigmenwechsel in der deutschen Alterssicherungspolitik eingeleitet und die Lohnersatzfunktion der gesetzlichen Rentenversicherung relativiert. Durch die Einführung verschiedener Dämpfungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel sank das Verhältnis zwischen gesetzlichen Renten und Löhnen. Das sinkende Rentenniveau sollte durch zusätzliche private und betriebliche Vorsorge mindestens ausgeglichen werden. Für diese angestrebte Teilprivatisierung der öffentlichen Altersvorsorge wurden verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der kapitalgedeckten betrieblichen und privaten Altersvorsorge eingeführt. Bis heute ist keine der Varianten obligatorisch, obwohl sie zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards nach dem Renteneintritt immer wichtiger werden und sozialpolitisch explizit als notwendig eingeplant wurden. Bisher wurden durch unterschiedliche Maßnahmen staatlicher Förderung lediglich Anreize zur Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge geschaffen. Die ohnehin bereits heterogene Struktur der bAV wurde im Rahmen der Reform im Jahr 2001 um zusätzliche Möglichkeiten erweitert. Eine zentrale Neuerung war die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung ab dem Jahr 2002. Zwischen den Jahren 2001 und 2005 stieg die Zahl der Anwartschaften in der betrieblichen Altersvorsorge von knapp 15 Millionen um rund 25 % auf über 18 Millionen. In den Jahren danach gab es weiterhin eine positive Entwicklung. Diese verlief allerdings wesentlich langsamer hin zu 21 Millionen aktiven Anwartschaften im Jahr 2019. Da die Beschäftigung im selben Zeitraum ebenfalls stark zunahm, hat die relative Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge unter den Beschäftigten laut DIW wesentlich langsamer zugenommen und war in den letzten Jahren sogar leicht rückläufig. Im Jahr 2019 hatten rund 54 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aktive Anwartschaften. „Wenn man für Geringverdiener/innen die betriebliche Altersvorsorge voranbringen will, führt vermutlich kein Weg daran vorbei, unterstützend tätig zu werden. Gezielte Anreize und finanzielle Unterstützung könnten hier einen Beitrag leisten“, sagt Johannes Geyer, stellvertretender Abteilungsleiter in der Abteilung Staat des DIW. (hdm)