Bankensektor im Angesicht von Corona
31.03.2020
Justin Bisseker, Analyst für europäische Banken bei Schroders / Foto: © Schroders
Ein anhaltender Abschwung könnte schwächere Banken dazu zwingen, Dividenden zu streichen und letztlich Maßnahmen zu ergreifen, um Kapital zu beschaffen. Die angekündigte Lockerung der Kapitalpuffer durch die Zentralbanken in ganz Europa sollte den Instituten Zeit verschaffen. Jedoch müssten sie das Kapitalniveau irgendwann auch wieder aufbauen. Einige Banken wären dann schlechter imstande, Dividenden zu zahlen und müssten gegebenenfalls auch die Anzahl der Aktien erhöhen.
Aufschwung bei europäischen Banken?
Bislang haben die Interventionen der Regierungen und Zentralbanken wenig dazu beigetragen, die Ängste an den Märkten zu zerstreuen. Dazu bedarf es wohl eines Impfstoffs oder eines Heilmittels, womit in den nächsten Monaten kaum zu rechnen ist. Die Folge: Der MSCI-Europe-Index ist seit Jahresbeginn um rund 26 Prozent gefallen, der Banken-Subindex stürzte um circa 34 Prozent ab (Quelle: FactSet, Stand 30. März).
Die Hauptursache der Turbulenzen ist weniger das Virus als die drakonischen Maßnahmen der Regierungen. Diese werden jedoch wohl kaum mittelfristig aufrechterhalten – das wäre sozial und wirtschaftlich unhaltbar. Sollten sich die Störungen auf einige Wochen beschränken, hat der Sektor das Potenzial, sich sehr deutlich zu erholen. Wenn die Maßnahmen der Regierung und der Zentralbank wirksam sind, könnten die Gewinne im Jahr 2021 oder 2022 am Ende deutlich weniger beeinträchtigt werden als es die Kursrückgänge suggerieren, die wir erlebt haben.
Auf jeden Fall ist der Sektor interessant: Aktien europäischer Banken werden für das Jahr 2021, verglichen mit dem 10-jährigen durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9,4, zu einem deutlichen Abschlag gehandelt. Hinzu kommt eine Dividendenrendite von fast 10 Prozent. Zudem sollten Anleger beachten, dass diese Krise die Banken Europas in besserer Verfassung erwischt als die globale Finanzkrise 2008/2009: Sie sind gut kapitalisiert, haben starke Liquiditätspuffer und die aufsichtsrechtlichen Anforderungen werden eher gelockert als verschärft. Außerdem sind Banken in der gegenwärtigen Situation höchst relevant, denn ohne sie wird es den Staaten nicht möglich sein, von der Krise betroffene Unternehmen und Einzelpersonen zu unterstützen." (ah)