Auf einem Auge blind
13.12.2021
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…und dann ist da noch die Familie
Manchmal spielt aber auch die Familie eine Rolle. Gräfer: „Das hängt von der Ausrichtung der Unternehmung/des Freiberuflers ab. Hier ist immer eine differenzierte Betrachtung/Beratung zwingend erforderlich. Ein Familienbetrieb ist anders zu bewerten als ein Solo-Selbständiger, im Zusammenhang, in welchem privaten Umfeld der Selbstständige/Freiberufler lebt.“ Kernpunkt bleibe jedoch immer das Risiko des Berufsbildes, in dem private Absicherungen einfließen könnten, wie zum Beispiel bei einer Berufshaftpflicht mit dem Einschluss der PHV. Scheele ergänzt: „Unserer Erkenntnis nach orientieren sich die Policen zunächst am Berufsbild. Somit werden zumeist am Anfang die Policen rund um die neuen beruflichen Belange geschlossen. Später kommen im Idealfall auch die Verträge zur Arbeitskraftabsicherung und Altersversorge dazu.“ Oft vermischen sich aber auch die Horizonte zwischen Beruflichem und Privatem. Es stellt sich dem Vertrieb deshalb schnell die Frage, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, einen neuen Kleingewerbe-Kunden gleichzeitig auch als Privatkunden zu gewinnen. Laut Scheele sollte es für den Berater immer das Ziel sein, den Kleingewerbekunden gleichzeitig als Privatkunden zu gewinnen. Allerdings sei dies nicht immer möglich, etwa wegen einer anfänglich schwachen Einnahmesituation. In diesem Fall würden Prioritäten seitens des Kunden definiert, an denen sich der Beratungsprozess orientiere. Gräfer sieht‘s genauso, lässt aber auch deutliche Kritik erkennen: „Das ist keine Frage der Wahrscheinlichkeit, sondern der Zielsetzung in der Beratung des Kunden. Eine Trennung zwischen dem Gewerbekunden und Privatkunden sollte gar nicht erst erfolgen. Hier ist der Vermittler/Berater gefragt und dies setzt natürlich Wissen, sowohl im Gewerbebereich wie auch in der Privatabsicherung voraus – siehe oben ganzheitliche Beratung – welche teilweise immer noch zu wenig erfolgt.“ Dies liege daran, dass es bei einzelnen Vermittlern/Beratern zu oft um den Produktverkauf statt um die ganzheitliche Beratung gehe.
Vorteile noch nicht erkannt
Und er sieht auch anderweitig Besserungsbedarf, etwa bei der Frage, warum sich noch immer so wenige Kleinbetriebe für die bAV erreichen ließen. Zwar erlebe er dies zunehmend anders. Aber: „Mitunter fehlt die Zeit, die Priorität und manchmal auch das Wissen, um kleinere Unternehmer:innen oder Freiberufler:innen für die Frage der betrieblichen Vorsorge zu sensibilisieren.“ Daher mache es viel Sinn, so Gräfer, sich über die unternehmerischen Ziele, die Bedeutung qualifizierter Mitarbeitenden Gedanken zu machen. Und wenn man das ernstnehme, führe kein Weg an der betrieblichen Vorsorge vorbei. Gräfer: „Und das Beste ist, es lohnt sich sowohl für das Unternehmen und auch für den Mitarbeitenden. Eine sehr gute Idee, das direkt bei den eigenen unternehmerischen Gedanken zu berücksichtigen.“ Beratungsbedarf erkennt schließlich auch Scheele: „Viele Kleinbetriebe haben Bedenken, da sie den Verwaltungsaufwand für hoch halten und mögliche Haftungsprobleme/Verpflichtungen in der Zukunft fürchten. Darüber hinaus haben einige Kleinbetriebe die Vorteile bezüglich Mitarbeiterbindung noch nicht erkannt.“ (hdm)