Anwälte empfehlen sich für Streit

16.11.2014

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft stellt die Ergebnisse einer Umfrage des Deutschen Anwaltvereins in Frage. Stimmt der Vorwurf die Versicherer würden schlecht regulieren?

2014-11-17 (fw/db) Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat seine Mitglieder befragt, wie sie das Regulierungs-

verhalten der deutschen Versicherer einschätzen. Die Umfrage unter den 1.257 Anwälten kommt zu dem Ergebnis, dass Versicherer unter anderem langsamer regulieren würden.

Das kann die Vertretung der deutschen Assekuranz, so nicht unkommentiert lassen. Die Antwort erteilt der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) prompt und stellt die Umfrage der rührigen Anwälte auf den Prüfstand. Was ist also dran an den Vorwürfen des Deutschen Anwalt Vereins (DAV)?

Gründe für Probleme bei der Schadenregulierung sind aus Sicht der Anwälte u. a. die Verzögerung oder Vereitelung von Ansprüchen durch den Versicherer, unterschiedliche Rechtsauffassungen oder unzureichende Vorstellungen des Kunden zu den Leistungen.

Dazu stellt der GDV fest: Es gäbe keine bewusste Verzögerung oder gar Vereitelung von Ansprüchen. Dies würden die nach wie vor niedrigen Beschwerdezahlen beim Versicherungsombudsmann bestätigen. Laut Ombudsmann gibt es keine Anhaltspunkte für ein systematisches Verzögern oder Verschleppen bei der Regulierung.

Im Jahr 2013 hätten die Schaden- und Unfall-, sowie Berufsunfähigkeitsversicherer über 23 Millionen Schäden und Leistungsanträge bearbeitet. Dazu gab es beim Ombudsmann nur rund 8.200 zulässige Beschwerden.

Viel Konfliktpotential sehen die Anwälte in der Berufsunfähigkeits- und der Gebäudeversicherung, da es häufig um sehr hohe Entschädigungssummen gehe. In der Berufsunfähigkeitsversicherung käme es vor allem zu Auseinandersetzungen über die Verletzung der Auskunftspflicht, zum Beispiel zu Fragen des Gesundheitszustandes.

Hierzu meint der GDV: Konflikte zwischen Verbrauchern und Versicherern seien die Ausnahme, nur wenige Fälle landen vor Gericht: In der Berufsunfähigkeitsversicherung kommt es nur bei rund zwei Prozent der Leistungsentscheidungen zu Gerichtsverfahren. In der Sachversicherung seien es sogar nur 0,06 Prozent aller Schäden, die vor Gericht verhandelt werden. Ganz überwiegend würden die Kammern dabei im Urteil und Begründung der Leistungsbeurteilung des Versicherers folgen.

Die Mehrheit der Anwälte gab in der DAV-Umfrage an, dass sich das Regulierungsverhalten in den letzten 5 Jahren verschlechtert habe.

Der GDV kontert mit aktuellen Studien: Im aktuellen YouGov „Servicebarometer Assekuranz 2013“ bewerteten fast 90 Prozent der Befragten die Regulierung eines erlittenen Schadens als sehr positiv. 28 Prozent der Befragten gaben an, dass mit einem Kontakt fast alles erledigt war.

Beispiel Wohngebäudeversicherung: Kurz nach der Flut 2013 gaben in einer Umfrage des Instituts Forsa 80 Prozent der befragten Versicherungskunden an, dass sich ihr Versicherer innerhalb von wenigen Tagen um den Schaden gekümmert hat. Bei zwei Drittel der Befragten hatte der Versicherer die Schäden bereits vollständig oder teilweise erstattet.

Ein Teil der Anwälte gab in der DAV-Umfrage an, dass die Bearbeitungszeiten seitens der Versicherer länger geworden seien.

Der GDV meint: Versicherer hätten ein originäres unternehmerisches Interesse an einer zügigen und unkomplizierten Schadenbearbeitung. Aber zum Schutz der Versichertengemeinschaft müssen sie Schadenfälle genau prüfen, sie dürfen nur tatsächlich berechtigte Leistungen gewähren.

Wenn Personen zu Schaden gekommen sind, erstrecke sich die Regulierung naturgemäß über einen längeren Zeitraum. Die Gründe hierfür seien, dass in diesen Fällen rechtliche, medizinische und gegebenenfalls berufskundliche Einschätzungen nötig sind. Dies sei sehr komplex und deshalb deutlich zeitaufwendiger als die Regulierung eines reinen Sachschadens.

Aus Sicht der Anwälte diene das Schadenmanagement der Kraftfahrzeug-Versicherer unter anderem dazu, die Beauftragung einer Anwaltskanzlei zu verhindern.

Hier widerspricht der GDV: Ein aktives Schaden- und Leistungsmanagement der Kfz-Versicherer folgt den Kundenbedürfnissen nach umfassender und rascher Schadenregulierung.

Die Versicherer würden dem Geschädigten auf Wunsch zeitraubende Formalitäten abnehmen und ihn von der Schadenaufnahme bis zur endgültigen Abwicklung des Schadens unterstützen.

Unter anderem würden die Versicherer die Abwicklung beschleunigen, indem sie Dienstleister, wie Abschleppunternehmen, Kfz-Schadengutachter, Autovermietungen, Reparaturwerkstätten direkt beauftragen und für den unmittelbaren Ausgleich der angefallenen Kosten sorgen. Der Schaden könne somit schnell und unbürokratisch sowie wirtschaftlich günstig bearbeitet werden.

Fazit: Wer hat Recht und wer nicht? Das könnte eine Umfrage unter Kunden, deren Vermittler oder Versicherungsmakler aufhellen. Dass Anwälte sich selbst in einer Umfrage empfehlen ist klar. Dass der GDV sich brüstet, gerade im Schaden- oder Leistungsfall nur kundenorientiert zu handeln ist auch nicht neu. Bleibt die Frage: Ist das in der Praxis alles so?

Dietmar Braun