AfW kritisiert BaFin

22.02.2018

Norman Wirth, Vorstand AfW / Foto: © AfW

3. B.IV.1. Bearbeitung von Beschwerden

Dieser Punkt hat in der Vergangenheit zu der Auslegung geführt, dass Versicherer meinten, auch Makler müssten ihnen gegenüber bei Beschwerden Rechenschaft ablegen, seien also gegenüber den Versicherern zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Auch dies verkennt wiederum den Status des Versicherungsmaklers als treuhänderischen Sachwalter des Kunden, der in dessen „Lager" und nicht dem der Versicherer steht. Insofern sollte eindeutig klargestellt werden, dass es hier nur um Beschwerden über Vertreter, nicht aber über Makler geht. Bei Beschwerden über Makler ist hingegen entsprechend B.III.2. die zuständige Aufsichtsbehörde zu informieren.

4. B.IV.3. AVAD-Verfahren

Es bleibt zu diesem Punkt grundsätzlich bei der schon in den vergangenen Konsultationen abgegebenen Stellungnahmen des AfW. Die Zusammenarbeit von Versicherungsunternehmen mit Versicherungsvermittlern von deren Teilnahme am AVAD-Auskunftsverfahren abhängig zu machen, lehnt der AfW strikt ab. Hätte der Gesetzgeber die AVAD an dieser zentralen Stelle einsetzen wollen, hätte er das gesetzlich festlegen können und der AVAD diese Kontrolltätigkeit übertragen können. Das hat er aber nicht getan. Das ein privatrechtlicher Verein letztlich über die weitere Tätigkeit von Versicherungsvermittlern entscheiden können soll, ist nicht nachvollziehbar und ein systematischer Bruch. Denn im Versicherungsvermittlerrecht wird stets auf staatliche bzw. öffentlich-rechtliche Institutionen abgestellt. So führt die IHK das Register und nimmt die Sachkundeprüfung ab. Eine regelmäßige Prüfung der Zuverlässigkeit etc. müsste Aufgabe der Aufsichtsbehörden sein. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die tatsächlich sinnvolle und erforderliche Überprüfung der Vermittler, wie es derzeit die AVAD weitestgehend beanstandungsfrei auch erledigt, zu regeln. Es ist nicht Aufgabe der BaFin, dem Gesetzgeber über einen systemischen Bruch dessen originäre Aufgabe abzunehmen.

5. B. V. Sondervergütung und Begünstigungsverträge (48b VAG)

Leider beinhaltet die nun erfolgte Neufassung des Provisionsabgabeverbotes eine grobe Ungleichbehandlung von Versicherungsgesellschaften, Vertrieben und Vermittlern. Das Gesetz sieht in dem neuen Paragraf 48b Abs. 4 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bemerkenswerte Ausnahmen vor. Neben einer Bagatellgrenze von 15 Euro je Kunde, Vertrag und Jahr heißt es, dass das Provisionsabgabeverbot keine Anwendung findet, soweit die Zahlung an den Kunden „zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrages verwendet wird."

Im Entwurf ist ausgeführt, dass eine dauerhafte Reduzierung der Prämie oder Erhöhung der Leistung nur vom Versicherer gewährt werden kann. Damit ist es nach Auffassung der BaFin also zulässig, dass Vermittler jedenfalls dann zugunsten des Kunden auf einen Teil ihrer Provision dem Versicherer gegenüber verzichten können, wenn das betreffende Versicherungsunternehmen für das konkrete Produkt flexible Provisionssätze anbietet. Womit im Umkehrschluss die Weitergabe von Provision vom Vermittler direkt an den Kunden nicht zulässig sei, auch wenn dies ja ebenfalls der Prämienreduzierung dienen würde.

Diese enge Auslegung in dem Entwurf des Rundschreibens ist bereits vom Wortlaut des Gesetzes nicht getragen und widerspricht dem Willen des Gesetzgebers, der gerade mit dem IDD-Umsetzungsgesetz die Möglichkeiten der Versicherungsmakler zur eigenständigen Vergütungsgestaltung weiterhin gewahrt sehen wollte.

Ergänzend verweisen wir auf einen ausführlichen Beitrag von Prof. Dr. Schwintowski in der Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV), Ausgabe 22 (Seite 714 ff.) und 23/17 (Seite 740 ff), welcher sich ebenfalls äußerst kritisch mit der im Rundschreiben zum Ausdruck gebrachten Meinung der BaFin auseinandersetzt. Äußerst überzeugend leitet er dort auch aus wissenschaftlicher Sicht her, dass es mit der Rechtslage nach dem IDD-Umsetzungsgesetz Versicherungsmaklern auch ohne Zustimmung der Versicherer möglich ist, Provisionsabgabe an den Kunden zu leisten.

5. B. VII Vertriebsvergütung, Anreize und Interessenskonflikte

Der vor dem Konsultationsverfahren bereits diskutierte Provisionsdeckel ist wider Erwarten in dem Entwurf nicht zu finden. Wir begrüßen dies ausdrücklich. Denn ein solcher Eingriff in die Gewerbefreiheit kann nur dem Gesetzgeber vorbehalten sein. Es steht der Exekutive keinesfalls zu, derartige Eingriffe in die Vergütung durch das Setzen von „Soft Law" zu implementieren. Auch der Provisionsdeckel in der privaten Krankenversicherung wurde über den deutschen Gesetzgeber geregelt. Wobei dort ein derart konkreter Deckel nur deshalb eingeführt werden konnte, da es sich um eine substitutive Versicherung handelte.

Vermisst wird ein Hinweis der BaFin an die Versicherungsunternehmen bezüglich der Prüfung von Fehlanreizen durch die unterschiedliche Höhe der Vertriebsvergütung von Vertretern und Maklern. Versicherungsagenturen werden anders finanziert als ein Maklerbüro. Im Gegensatz zum Vertreter müssen sämtliche Kosten des Maklerbüros vom Makler selbst getragen werden. Daher ist es wettbewerbsrechtlich und verfassungsrechtlich geboten, eventuelle Verzerrungen durch unterschiedliche Vergütungshöhen zwischen freiem Vertrieb einerseits und Agenturen andererseits auszugleichen.

Es bleibt noch der Hinweis, dass eine solche Wettbewerbsbeschränkung gegen den Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb aus Art. 119 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt. Eine solche marktbeschränkende Regelung wäre innerhalb der EU einzigartig und würde zudem nur für diejenigen gelten, die dem Geltungsbereich der Gewerbeordnung und des VAG unterfallen. Versicherer und Versicherungsvermittler aus anderen Staaten der europäischen Union unterliegen der Vorgabe der BaFin nicht."

Stellungnahme des Bundesverbandes Finanzdienstleistungen AfW